… DIE KIRCHE?
: Den Pool vermissen

„Unser Beruf ist einmalig“, sagt Joachim Muhs. Er biete gute Möglichkeiten zur selbstständigen Arbeit und verbinde in einmaliger Weise die „innere Berufung“ und den „Beruf als Broterwerb“. Zugegeben, die Beschreibung passt auch auf Schornsteinfeger, Heilpraktiker oder Tätowierer. Aber Joachim Muhs ist Personalbeauftragter der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, und deshalb wirbt er für den Beruf des Pfarrers. Die Werbetrommel rührt er, weil seiner Kirche schon in rund zehn Jahren ein dramatischer Personalmangel auf den Kanzeln droht.

Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa bezeichnete Muhs die aktuelle Situation als „sehr entspannt“, es gebe genauso viele Pfarrer wie Stellen. Aber: „Wir haben ein Problem in unserer Altersstatistik.“ Zwei Drittel der rund 930 Pfarrer seien zwischen 43 und 61 Jahren alt. Eine Pensionierungswelle sei absehbar und mit ihr ein Problem bei der Besetzung der Gemeinden – trotz anhaltendem Mitgliederschwund. Evangelische Theologie mit Berufswunsch Pfarrer studieren in der Landeskirche derzeit 145 Männer und Frauen.

Muhs hat eine „Impulsgruppe Werbung“ aufgebaut, um Rekrutierungsideen zu sammeln. Unter anderem will die Kirche Schüler zu Studientagen einladen und auf Ausbildungsmessen präsenter sein. „Wir müssen offensiver auftreten, um als potenzieller Arbeitgeber wahrgenommen zu werden“, so der kirchliche Headhunter.

Landesbischof Markus Dröge bleibt jedenfalls gelassen – er weiß um den Fun-Faktor seines Unternehmens: „Ich bin sehr hoffnungsvoll, dass wir auch künftig genügend Personal für diese spannende Landeskirche finden werden“, so Dröge.

Für die leidgeprüften Katholiken sind das Luxusprobleme: Der Sprecher des Erzbistums Berlin, Stefan Förner, sagte der dpa, die Personaldecke der Priesterschaft sei schon „sehr dünn“, es gebe „keinen Pool, aus dem wir schöpfen können“. Dass der Beruf an Attraktivität verliere, erklärt sich Förner so: In einer Gesellschaft, in der die sexuelle Selbstverwirklichung eine Rolle spiele, sei der „Zölibat oft ein Hindernis“.

Stimmt genau. Andererseits: Liegt da die Lösung nicht auf der Hand? CLP        Foto: ap