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Archiv-Artikel

Bombodrom wird weiter bekämpft

Im Frühjahr Entscheidung über Klagen gegen Bau des Tiefflugübungsplatzes bei Wittstock – Protestmarsch zu Neujahr

Den Rücktritt von Matthias Platzeck als SPD-Bundeschef bedauert Pastor Benedikt Schirge noch immer. „Vielleicht hätten wir mit ihm erlebt, das ein SPD-Bundesvorsitzender mal sein Wort hält“, sagt der Sprecher der Bürgerinitiative „Freie Heide“ in Nordbrandenburg. Seit 1993 kämpfen Schirge, Platzeck und viele Initiativen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gegen die Pläne der Bundeswehr, bei Wittstock den „größten Tiefflugübungsplatz Mitteleuropas“ einzurichten.

Doch trotz aller politischen Bemühungen verhinderten bisher Gerichtsurteile den Übungsbetrieb. Das werde auch 2007 so bleiben, schätzen Experten. „Bei uns sind noch 20 Hauptsacheverfahren anhängig, die das sogenannte Bombodrom betreffen“, erklärt die Sprecherin des Verwaltungsgerichts, Dagmar Rudolph. Die zuständige Kammer will im Frühjahr 2007 über die Klagen entscheiden. Das Spektrum umfasst mehrere Kommunen und das Land Mecklenburg-Vorpommern, die sich in ihrer Planungshoheit verletzt sehen, Putenmäster und Hoteliers, die ihre Firmen bedroht sehen, und den Naturschutzbund Deutschland, der sich um die Naturausstattung der Region und des benachbarten Müritz-Nationalparks sorgt.

Die Klagen gibt es seit 2003. Damals war der jetzige SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Peter Struck, noch Verteidigungsminister. Er ließ den „sofortigen Vollzug der Inbetriebnahme“ anordnen. Mehr als drei Jahre vergingen bisher damit, dass der jeweilige Verteidigungsminister diesen „sofortigen Vollzug“ durchsetzen wollte. Das verhinderten Eilentscheidungen bis hin zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Im Dezember wiesen Berliner Richter die Militärpläne zurück.

Auf den Ausgang der Gerichtsverfahren allein will sich die „Freie Heide“ nicht verlassen. So will sie auch 2007 politisch aktiv werden, zum Beispiel bei der 15. Protestwanderung am Neujahrstag. Mit der großen Koalition in Berlin seien die Chancen, politisch am Truppenübungsplatz-Konzept etwas zu ändern, nicht gerade gestiegen, gibt Schirge zu. Aber die „Bombodrom“-Gegner hätten 2006 weiteren Zulauf erhalten, seien jetzt schon eine der größten Friedensinitiativen bundesweit. „Und im März 2007 erhalten wir für den friedlichen Protest den Friedenspreis“, sagt der Pastor. Das werde neuen Auftrieb geben. dpa