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Archiv-Artikel

Der Club der Indiskreten

KOMMUNIKATIONS-GAU Die Absage von Matthias Sammer offenbart die strukturellen Probleme beim Hamburger SV

Die Medien haben Spaß: der Hamburger SV als Running Gag

Der Hamburger SV ist in der aktuellen Konstellation handlungsunfähig. Mit einem hauptamtlichen Vorstand, der von einem Aufsichtsrat kontrolliert wird, in dem Räte sitzen, die den Mund nicht halten. Die Absage Matthias Sammers, 43, Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund, als sportlicher Leiter zum HSV zu kommen, zeigt das noch einmal. Beim HSV, und damit fangen die Probleme an, bleibt nicht intern, was intern bleiben muss, und wird nichts, was öffentlich diskutiert werden müsste, öffentlich diskutiert.

Aufsichtsräte, die bei ihrer Wahlrede Applaus für das Versprechen einheimsen, der Presse keine Interna zu liefern, tun, kaum gewählt, genau das. So kommt heraus, dass der HSV mit Sammer verhandelt. Und schon verhandeln die diensteifrigen Blätter der Stadt mit. Sie wissen Details der Verhandlungen, wissen, wen Sammer mitbringen will, was er verdienen soll. Das muss Sammer irritieren.

Weil alles rauskommt, gerät Sammer unter Druck. DFB-Chef Theo Zwanziger will von ihm wissen, woran er ist, und stellt Sammer ein Ultimatum. Am Freitag, den 21. Januar, soll der sich erklären. Das tut Sammer – und sagt dem HSV ab.

Auch Ernst-Otto Rieckhoff, der neue HSV-Aufsichtsratsvorsitzende, gerät unter Druck: Sammer muss kommen, weil es die Medien erwarten und die Verhandlungen mit Sammer den amtierenden Sportdirektor Bastian Reinhardt beschädigen. Rieckhoff muss erkennen, dass er einem Gremium vorsteht, in dem es Räte gibt, die Bild und Abendblatt füttern.

Welchen Eindruck macht ein Verein, der nicht in der Lage ist, seinen Angestellten Diskretion zu garantieren? Günter Netzer kritisiert in den Sonntagsblättern des Springer-Verlags die Indiskretionen des Vereins, Sammer ebenfalls. In den Blättern dieses Verlags standen die Indiskretionen. Es geht um die Frage: Wer ist Schuld am gescheiterten Wechsel? Sammer oder der HSV?

Wichtiger ist die Frage nach den Folgen. Nach dem 1 : 0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt fordert der sichtlich angeschlagene Reinhardt ein klares Bekenntnis vom Verein. Ein Rücktritt Reinhardts wäre für den HSV fatal. Rieckhoff weiß das, und lässt sich am Sonntag von Sport1 interviewen. Er bekennt sich zu Reinhardt. Gerüchte sagen, der HSV verhandele mit Jan Schindelmeiser, früher TSG Hoffenheim.

Der Verein kann immer so weitermachen. Getrieben von seinen strukturellen Problemen. Die Medien haben Spaß: Der HSV als Running Gag.

Spieler wie Tunay Torun und Maxim Choupo-Moting fragen sich, ob es einen Gesprächspartner beim HSV gibt, der ihnen etwas Verbindliches über ihre Zukunft beim HSV sagen kann. Sie fragen sich, ob der Sportdirektor, der Vorstandsvorsitzende und der Trainer bleiben. Und sie fragen sich, ob sie selbst bleiben. ROGER REPPLINGER

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