wochenübersicht: lautsprecher : Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt
Die hiesige Linke, so man denn die vielen sich oft bis aufs Blut hassenden Gruppen so zusammenfassen kann und will, hat, so scheint‘s, vorm Jahreswechsel nicht viel anderes zu tun, als wie Mama, Papa und die lieben Nachbarn vorm Videofilm zu sitzen und sich literweis Bier hereinzuschaufeln oder aber nämliches zu tun, dieweil eine Band einen Höllenkrach macht. So schön, so blöd. Nach dem Jahreswechsel dann ist offensichtlich mehrere Tage lang die Luft raus, und man muss gegen den Kater antrinken, indem man weiter Videos schaut oder Rockmusik konsumiert. Diejenigen jedoch, die derartige Vergnügungen nicht mögen, beziehungsweise ohne Gruppen- und Bekenntniszwang trinken wollen, können in dieser Woche lediglich zwei Termine wahrnehmen. Am Dienstag wird in der Schule für Erwachsenenbildung im Mehringhof verpackt als „Utopie-Seminar“ gemäß der Leitfrage „Wie stellen wir uns Demokratie vor?“ zwischen folgenden Alternativen abgewogen: „Demokratie und Staat: Diktatur des Proletariats oder des Geldes.“ Nun ja, das klingt wie die weltbewegenden Fragen „Alles oder nichts?“, „Zitronengras oder Pudding?“, „Gibt‘s Kaffee?“ und bleibt wohl auch mit Absicht schön vage; und so wird die Schule für Erwachsenenbildung einen historischen Augenblick lang ein Ort zum Träumen.
Tags darauf wird dann im Zielona Gora über den Tod von Oury Jalloh gesprochen, der am 7. Januar 2005 in einer Dessauer Polizeizelle verbrannte. Die näheren Umstände sind bis heute unklar, und selbstredend war niemand so richtig verantwortlich oder gar schuldig. Zum zweiten Todestag nun sind einige Aktionen geplant, um auf diesen schrecklichen Tod und die vielen weiterhin offenen Fragen hinzuweisen. An diesem Mittwochabend informiert das Aktionsbündnis schon einmal darüber, was es ausgeheckt hat.