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Archiv-Artikel

USA: AUCH IN ZUKUNFT ÖFTERS MAL WIEDER DIE SCHULTER HINHALTEN Hands-on-Diplomatie!

Ob transatlantische Beziehungen, Somalia oder Afghanistan – viele Krisenzonen dieser Welt sind die Folge von schlimmen Verspannungen. Krisen möglichst früh zu erkennen und entsprechend einzugreifen, muss deshalb ein wichtiges Ziel deutscher Außenpolitik sein. Wie, das hat Angela Merkel der Welt im Juli vorgemacht: Wenn im schwierigen Gestrüpp der G-8-Verhandlungen nichts mehr geht, ruhig mal die Schultern hinhalten.

Einer griff sogleich beherzt zu: George W. Bush. Was er sonst nicht in Worte kleiden kann – mit seiner texanischen Blitzmassage konnte er es endlich rauslassen: Ich weiß nicht, what the hell, ihr Deutschen habt, aber euer Pazifismus ist irgendwie putzig! Und siehe da – nur wenige Monate später erntete Merkel trotz ihres Neins zum Südeinsatz in Afghanistan aus Washington wohlwollendes Verständnis. Die neue „Hands-on“-Diplomatie der deutschen Kanzlerin wirkt wie ein ganz heißer Stein in den internationalen Beziehungen: Verhärtungen, Verspannungen, Verkleisterungen – mit Merkels Wellnessstrategie wird sich in Zukunft so manche bilaterale Verschlackung lösen lassen.

Dabei hat die CDU-Chefin beispielhaft demonstriert, dass auf dem internationalen Parkett Nehmen genauso wichtig wie Geben ist: Hauptsache, der Lymphstau wird gelöst. Skeptikern der neuen Berliner Zero-Distance-Politik sei zugestanden, dass Wladimir Putin natürlich einen anderen Reflexbogen hat als Bush. Ist der Amerikaner eher „Yang“, so muss die Kanzlerin bei Putins chronischem „Yin“ selbst Einsatz zeigen. Angesichts der fortschreitenden Verknöcherung des Kremlherrn sollte sie schnell zur herzhaften Trinvillershagener Periostmassage, also dem gezielten Druck auf die Knochenhaut greifen – und schon sprudeln außer Endorphinen auch die Gazprom-Lieferungen.

Oder der Iraner Ahmadinedschad: ein völlig überspannter Fall. Aber auch hier dürfte Merkel mit einer Kombidiplomatie aus Kneten und Streicheln gut landen. Das Bonner Haus der Geschichte sollte sich schon mal darauf einstellen: Was in der Ära Kohl die Strickjacke war, das wird in der Ära Merkel definitiv der Lufa-Massagehandschuh sein.

ADRIENNE WOLTERSDORF, WASHINGTON