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Archiv-Artikel

MIRKO SLOMKA, TRAINER Der Freiberufler

Mirko Slomka

■ 43, kommt gebürtig aus Hildesheim und wurde fußballerisch bei Hannover 96 und Schalke groß. Foto: dpa

Wir leben in einem System, in dem es darauf ankommt, die eigene Arbeitskraft so teuer wie möglich zu verkaufen. Die meisten von uns haben nicht mehr als diese Arbeitskraft, die sie verkaufen können. Für Arbeiter und Angestellte übernimmt die Lohnverhandlungen die Gewerkschaft, für freie Berufe, vor allem so freie wie den des Fußballtrainers, verhandelt jeder für sich. Das Einkommen eines Trainers hängt davon ab, wie begehrt er ist, und das wiederum hängt ab von seinem Erfolg.

Mirko Slomka hat Erfolg. Mit der Mannschaft von Hannover 96, die in der vergangenen Saison fast abgestiegen war, und die fast nur um Spieler ergänzt wurde, die keine Ablösesumme kosteten, steht 96 im oberen Tabellendrittel – trotz der 0:2-Niederlagen gegen Leverkusen am vergangenen Freitag und der 0:1-Niederlage gegen Schalke am Spieltag davor. Die Mannschaft schaffte nach der Hinrunde die beste Platzierung der Vereinsgeschichte und spielt guten Fußball. Schnell, direkt, offensiv. „Die Nummer eins im Norden sind wir“, singen die Fans.

Mitte vergangener Woche hat Slomka seinen Vertrag bei Hannover 96 bis 2013 verlängert. Slomka ist in Hildesheim geboren, von Haus aus Mathematiklehrer, trainierte von 1989 bis 1999 diverse Nachwuchsmannschaften von Hannover 96 mit Spielern wie Gerald Asamoah, Sebastian Kehl, Per Mertesacker und Fabian Ernst. Ab 1999 war er Jugendkoordinator von Tennis Borussia Berlin, damals Zweite Liga. Im Juli 2000 wurde Slomka Cheftrainer von Tennis Borussia, am 16. November 2000 wurde er entlassen. Von 2001 bis 2004 war er wieder bei Hannover 96, als Co-Trainer der Profis, Chefcoach: Ralf Rangnick.

Slomka ging mit Rangnick zum FC Schalke 04, wurde dort im Januar 2006 Rangnicks Nachfolger, der Boulevard machte aus ihm den „netten Herrn Slomka“. Er wurde im April 2008 freigestellt. Im Januar 2010 kam er zu den vom Freitod ihres Torwarts Robert Enke erschütterten 96-Profis.

Slomkas Vorgänger Andreas Bergmann war nach eigenen Angaben „der am schlechtesten bezahlte Bundesligatrainer“. Slomka wird kaum besser verdient haben. Die Verhandlungen um seine Vertragsverlängerung bei 96 zogen sich über Wochen hin. Slomka ist der Meinung, dass ihm die Art der Berichterstattung über die Verhandlungen, „sehr geschadet“ habe. „Ich stehe jetzt da, als wäre ich ein unanständiger Pokerer“, sagte er.

Slomka will versuchen, mit 96 „weiter im oberen Bereich der Bundesliga zu arbeiten“, das bedeutet den Versuch, „die derzeitige Mannschaft zusammenzuhalten“. Am Saisonende laufen acht Verträge aus, etwa die der Leistungsträger Christian Schulz und Karim Haggui. Auch die beiden werden ihre Arbeitskraft so teuer wie möglich verkaufen.

ROGER REPPLINGER