piwik no script img

Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Nurkan Erpulats Inszenierung „Verrücktes Blut“ im Ballhaus Naunynstraße gehört zu den Rennern der Saison. Verhandelt wird dort anhand einer reißerischen und krude in Szene gesetzten Geschichte, welche Bildungsinhalte und Kulturwerte in Zeiten einer von Migration und Interkultur geprägten Gesellschaft überhaupt noch vermittelbar sind. In den Kammerspielen des Deutschen Theaters hat Nurkan Erpulat nun mit Jugendlichen ein neues Stück erarbeitet. Es heißt „Clash“ und lässt 17 junge muslimische, christliche und agnostische Berliner danach fragen, welche Werte in unserer interkulturell und religiös vielfältig geprägten Gesellschaft überhaupt noch Allgemeingültigkeit beanspruchen können. Dazu entwickeln sie, wie die Ankündigung weiß, ein Spiel mit ethnischen Klischees, subkulturellen sprachlichen Codes und religiösen Symbolen. In der Schaubühne kommt am Freitag Friederike Hellers Sicht auf die „Antigone“ des Sophokles heraus, der berühmten Geschichte um den Konflikt von Einzelinteressen und Gesellschaftsräson, in der es auch um die immer wieder aktuelle Frage geht, ob es in einer Gemeinschaft überhaupt möglich ist, unterschiedlichste Werte und Wahrheiten miteinander zu versöhnen. Dass es zum Beispiel mit dem Universalwert Familie ziemlich schlecht bestellt ist, das hat uns schon vor mehr als einem halben Jahrhundert Eugene O’Neill mit seiner Tragödie „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ vorgeführt: eine Orgie der Selbstzerstörung, die so nah an O’Neills eigener Geschichte war, dass sie erst nach seinem Tod 1956 uraufgeführt werden konnte. Am Renaissancetheater inszeniert nun (als Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen) in einer Starbesetzung Ulrich Waller die Geschichte. Die Rollen der tragischen Brüder Tyrone werden Ben Becker und David Bennent spielen.

■ „Verrücktes Blut“: Ballhaus Naunynstraße, wieder 27. 2.–2. 3.

■ „Clash“: Kammerspiele des Deutschen Theaters, ab Sa

■ „Antigone“: Schaubühne, ab Fr

■ „Eines langen Tages Reise in die Nacht“: Renaissancetheater, ab Do

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen