Der Onkel von Mönchengladbach fühlt sich betrogen

Norbert Pflippen, Urvater der deutschen Spielerberater, ist von seinem wichtigsten Mitarbeiter Kon Schramm verlassen worden. Bedeutende Klienten wie Lukas Podolski hat der gleich mitgenommen. Kollegen klagen nun über die fehlende Moral in einer zwielichtigen Branche

Die Nachrichten auf der Homepage von Norbert Pflippens sind schon etwas älter. „Paul Freier für das Länderspiel in Zypern nachnominiert!“, steht da unter dem Datum 13. November 2006. Über dem Foto eines lächelnden Paul Freier zeigt die Website einen traurig blickenden David Odonkor. „Operation in Augsburg!“, heißt es daneben. In der obersten Meldung erfährt der Besucher, dass er Torsten Frings in die UEFA Mannschaft des Jahres wählen kann. Sie ist datiert auf den 7. Dezember. Da war die Welt noch in Ordnung.

Mittlerweile ist Norbert Pflippens Leben reichlich durcheinander geraten. Deutschlands einst mächtigster Berater von Profifußballern steht ziemlich allein da, verlassen von seinem 49-jährigen Geschäftspartner Kon Schramm. Schramm hat bei Pflippens Agentur „ans sport“ gekündigt. Er will sich selbständig machen. Und Paul Freier und David Odonkor gleich mitnehmen. Schlimmer noch: Er will Lukas Podolski entführen – Pflippens wichtigster Kunde.

„Das ist unglaublich traurig. Kon hat die Spieler geklaut“, sagt ein Kollege, der beide Berater lange kennt. Pflippen und Schramm selbst kommunizieren derzeit nicht, sie lassen ihre Anwälte sprechen. Pflippens Rechtsbeistand Klaus-Jürgen Michaeli droht dem abtrünnigen Mitarbeiter nun mit einer Klage. Auf Kosten der Agentur habe Schramm sich das Vertrauen der Spieler erschlichen, die er nun abwerbe. Pflippen ist persönlich verletzt. „So ist das mit den jungen Leuten in dem Geschäft. Du nährst sie mit Muttermilch und wenn sie fett genug sind, nehmen sie alles mit“, klagt sein Anwalt im Kölner Express.

Nur noch 28 aktive Spieler hat Pflippen nach dem Weggang Schramms unter Vertrag. Außer Frings sind kaum Stars dabei, vielleicht Dortmunds Lars Ricken oder Wolfsburgs Torwart Simon Jentzsch. Der Rest sind Jungprofis oder gealterte Helden wie der Düsseldorfer Jörg Albertz, deren Verträge keine hohe Provision mehr abwerfen. Pflippen ist 59 Jahre alt – und sein Geschäft ist so angeschlagen wie selten in den 30, in denen er dabei ist.

Im Westen Deutschlands, vor allem in Mönchengladbach, lief seit den 80er Jahren kaum ein spektakulärer Transfer ohne das Wissen des wuchtigen Spielerberaters. Günter Netzer, Lothar Matthäus, Oliver Kahn, Stefan Effenberg – sie alle wurden von Pflippen gemanaged. Unter den oft windigen Vermittlern, die bei vielen Vereinen immer am Rande eines Stadionverbots agierten, galt er als der „good guy“. Während andere Goldkettenträger in Spieler wie in Hedge-Fonds investierten, gab Pflippen seinen Klienten den väterlichen Freund. Gute Medienkontakte halfen, den Ruf zu steigern. Mit flotten Sprüchen schaffte er es sogar in die Fußball-Archive. Sein berühmtester: „Ich vermarkte eigentlich lieber Frauen. Die haben zwei Vorteile: Sie wissen, was Geld ist und sie können keine Spielerfrauen heiraten.“

„Er war einer der Väter unseres Berufs“, sagt ein Kollege anerkennend – aber auch: „Er hat Menschen immer zu sehr vertraut.“ Schon einmal sei Pflippen von Geschäftspartnern hereingelegt worden, damals sei der frühere Trainer Gerd vom Bruch mit Klienten abgehauen. Und nun Kon Schramm, den er zu seinem Nachfolger in der Agentur aufbauen wollte. Dem er im Umgang mit den Spielern so viel freie Hand wie niemandem sonst gelassen hat. Dass das ein Fehler war, hätte er bereits von einem Jahr merken können, inmitten des Pokers vor Lukas Podolskis Wechsel zu Bayern München. „Ich habe Lukas Podolski entdeckt“, hatte Schramm damals erklärt. Und: „Ich bin Podolskis erster Ansprechpartner.“

„Norbert hat nicht aus seinen früheren Fehlern gelernt“, sagt ein Kollege. Nun muss er sich um neue Klienten bemühen. Doch erstmal macht er Urlaub, in Dubai. Da verbringen auch der VfB Stuttgart, der Hamburger SV und die Bayern ihre Trainingslager. Und vielleicht bleibt ja Zeit für ein Gespräch mit Lukas Podolski. KLAUS JANSEN