„Die meisten Unis werden verlieren“

Eliteforscher Michael Hartmann sieht einen Konflikt zwischen Bürger- und Massenhochschulen heraufziehen

taz: Deutschlands Unis kämpfen um den Titel „Elite“. Kann die Exzellenzinitiative die Lehre verbessern?

Michael Hartmann: Nein, ganz im Gegenteil. Dieser Wettbewerb hat gravierende Folgen für die deutsche Hochschullandschaft, denn er schafft in den nächsten Jahren Unis erster und zweiter Klasse.

Nur weil wenige Unis mit Millionen gefördert werden, müssen nicht alle anderen schlechter werden.

Doch. Die staatliche Förderung der einzelnen Eliteunis wird auch eine Umverteilung anderer Gelder wie vor allem der Drittmittel zugunsten der Gewinner nach sich ziehen. Die meisten Hochschulen werden dadurch aber ins finanzielle Abseits gedrängt. Sie übernehmen dann nur noch die schnelle Ausbildung der großen Studierendenmehrheit und verlieren ihre Bedeutung für die Forschung.

Wer kann so etwas wollen?

Die starken Unipräsidenten, deren Hochschulen gewinnen, große Unternehmen, die auf eine Konzentration der Spitzenforschung setzen, und schließlich die Politik, die hofft, mit einer derart umstrukturierten Unilandschaft den kommenden Studentenberg kostengünstig bewältigen zu können.

Welche Unis werden zur zweiten Klasse degradiert?

In erster Linie die Unis in den neuen Bundesländern und die Neugründungen der 60er- und 70er-Jahre – meist fehlen ihnen der gute Name und eine solide Finanzierung. Das betrifft vor allem den Osten und Norden Deutschlands. Aber auch die jungen Unis des Südens wie Passau oder Bayreuth werden nicht verschont bleiben. Die Konfliktlinie verläuft weniger regional als vielmehr zwischen Massenuniversitäten und Bürgeruniversitäten.

Aber braucht man nicht diese elitären Zugpferde, um in der Forschung auch international mithalten zu können?

Wir haben in der weltweiten Forschung einen guten Ruf wegen des hohen Niveaus in der Breite. Um als deutsche „Elite“-Hochschule mit den internationalen Spitzenuniversitäten zu konkurrieren, sind die Fördermittel des Exzellenzwettbewerbs viel zu gering. Insgesamt verliert die deutschen Wissenschaft durch den Wettbewerb ihre eigentliche Stärke – nämlich die Breite und Vielfalt der Forschung.

NICO POINTNER