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Archiv-Artikel

Regierungstruppen stehen vor Donezk

UKRAINE Prorussische Kämpfer wollen Aufstand fortsetzen. Druck auf Präsident Petro Poroschenko wächst. Außenminister Steinmeier warnt Kiew vor rein militärischer Lösung des Konflikts

BERLIN/KIEW rtr/ap | In der Ostukraine sind am Montag auf Hauptzufahrtsstraßen in die Separatistenhochburg Donezk drei Brücken gesprengt worden. Die Aufständischen versuchten damit offenbar, nach ihrem Verlust der Stadt Slawjansk den Vormarsch der Regierungstruppen zu verzögern. Viele Rebellen flohen nach ihrer Vertreibung aus Slawjansk in die 1-Million-Einwohner-Stadt und kündigten an, ihren Aufstand gegen die Zentralregierung fortzusetzen. Der selbst ernannte Gouverneur der Donezker Volksrepublik, Pawel Gubarow, hatte einen „Partisanenkrieg im gesamten Umkreis von Donezk“ versprochen.

In Donezk halten die Aufständischen das Gebäude der Regionalverwaltung und Posten außerhalb der Stadt unter Kontrolle. Polizei oder örtliche Regierungsvertreter hatten den Separatisten in den letzten Monaten kaum Widerstand geleistet.

Präsident Petro Poroschenko steht unter verstärktem Druck, nach den militärischen Erfolgen gegen die prorussischen Separatisten einer neuen Waffenruhe zuzustimmen. Deutschland warnte am Montag die Regierung in Kiew davor, eine politische Lösung des Konflikts zu vernachlässigen. Alle Seiten seien gut beraten, die Bemühungen um eine Feuerpause als Voraussetzung für eine Verhandlungslösung fortzusetzen, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier am Rande einer Reise in die Mongolei. Sein russischer Kollege Sergei Lawrow forderte während eines Besuchs in Bulgarien eine sofortige Waffenruhe. Zugleich äußerte er sich besorgt über die wachsende Zahl ziviler Todesopfer sowie die Zerstörung der Infrastruktur des Landes.

Der ukrainische Kohle- und Stahlmagnat Rinat Achmetow appellierte an seine Regierung, Donezk nicht anzugreifen. „Donezk und der Donbass dürfen nicht bombardiert werden“, sagte er in einem Fernsehinterview. „Wir müssen Tod und Leid friedlicher Menschen vermeiden.“

Steinmeier warnte, eine rein militärische Lösung des Konfliktes werde es nicht geben, zumal sich die Mehrzahl der Separatisten jetzt in Donezk regelrecht verschanzt habe. Zudem pochte er auf die Einhaltung der Vereinbarung vom vergangenen Mittwoch. Die Außenminister der Ukraine und Russlands hatten sich in Berlin unter deutsch-französischer Vermittlung darauf geeinigt, dass Gespräche über eine friedliche Beilegung des Konflikts in der sogenannten Kontaktgruppe mit Vertretern der Regierungen Russlands und der Ukraine sowie Entsandten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geführt werden sollten. Ein Treffen der Gruppe am Sonntag in Kiew endete ergebnislos.