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Archiv-Artikel

Frauen waren immer sein Schicksal

Irgendwas läuft ständig falsch mit Edmund Stoiber und den modernen Frauen. Die Geschichte einer Heimsuchung

Stoibers Werdegang ist auch die Geschichte des Aufstiegs eines modernen Frauenbilds

BERLIN taz ■ Es ist ein Kreuz. Da hat Edmund Stoiber eine solch eine liebe Ehefrau und so wohlgeratene Töchter. Hinter ihm stand einst die Frauenunion und skandierte „Frauenstimmen zählen, wir werden Stoiber wählen“. 2002 war das, als Stoiber Kanzler werden sollte. Aber irgendetwas läuft dann doch immer falsch mit Stoiber und den Frauen. Zum Beispiel bei der Wahl 2002. Stoiber lockte mit einem Familiengeld von 600 Euro, er wollte die Wählerinnen, die Schröder der Union abgeluchst hatte, wieder zurückgewinnen.

Allein, die Wählerinnen wollten nicht. 41 Prozent von ihnen blieben bei der SPD, nur 36 Prozent fanden Gefallen an Stoibers Herdprämie. Diese Zahlen sind ein Indiz dafür, dass das Bild der berufstätigen, emanzipierten Frau etwa um die Jahrtausendwende in Deutschland mehrheitsfähig geworden ist. Ab jetzt ist klar: Die CDU muss ihr Frauen- und Familienbild modernisieren, sonst gewinnt sie bei der Damenwelt keinen Blumentopf mehr.

Edmund Stoiber tut sich mehr als schwer damit. In der Union bestimmt nun nicht mehr Exfamilienministerin Claudia Nolte, wie eine Frau sein soll. Sondern da ist Angela Merkel, ein Wesen von einem anderen Stern. Kinderlos, preußisch, nüchtern – und durchsetzungsfähig. So eine Frau hat es in der Union noch nicht gegeben. Mit ihr ist die Frau, die was will, nicht nur im Land, sondern auch im Kosmos der Union akzeptiert. Ab jetzt sieht Stoiber rot. Merkel habe keine Richtlinienkompetenz, versucht er sie noch zu bändigen, der Superminister und heimliche Kanzler in spe. Als auch diese Rechnung nicht aufgeht, flieht er zurück nach Bayern. Und dort ist das paranoide Panorama nun perfekt geworden: Jetzt ist da in seiner CSU eine Frau aufgestanden und wollte ihn einfach weghaben. Das ist das Ende.

Stoibers Werdegang ist auch die Geschichte des Aufstiegs des modernen Frauenbilds in Deutschland. Erst waren sie nur schemenhaft, als Wählerinnen, sichtbar. Dann tauchten sie in der CDU auf. Und nun auch im letzten Rückzugsort des Unions-Patriarchats, der CSU. Nun bleibt nur noch ein einziger Platz, an dem Stoiber sein Ideal pflegen kann: daheim, bei Karin. Mit Edmund Stoiber geht auch ein Frauenbild in Rente.

HEIDE OESTREICH