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Archiv-Artikel

Modernisierung des AKW 41 Monate lang verschleppt

ENERGIE EnBW wollte 2007 Neckarwestheim nachrüsten, doch das Umweltministerium vertrödelte Antrag

FREIBURG taz | Seit 2007 liegt dem baden-württembergischen Umweltministerium ein Antrag des Energieversorgers EnBW zur Nachrüstung von Sicherheitstechnik im Atomkraftwerk Neckarwestheim 1 vor. Doch bis heute hat das Ministerium darüber nicht entschieden. Die EnBW beschrieb die Nachrüstung als „zwingend erforderlich“. Greenpeace stellte den Antrag vom 5. September 2007 gestern ins Internet.

„Das EnBW-Papier zeigt klar, dass es seit Jahren erhebliche Sicherheitsmängel in Neckarwestheim gibt“, sagt Tobias Riedl, Atomexperte bei Greenpeace. CDU-Ministerin Tanja Gönner müsse jetzt begründen, warum sie „das Papier in der Schublade verschwinden ließ“. Sie nehme „bewusst die Gefährdung der Menschen in Baden-Württemberg in Kauf“ und sei daher „als oberste Atomaufsicht des Landes völlig ungeeignet“.

Ein Sprecher des Umweltministeriums nannte die Kritik „vollkommen unsachlich“. Der Antrag sei mitnichten in der Schublade verschwunden, man warte von der EnBW noch auf Unterlagen. Und das Ministerium reicht den Schwarzen Peter nach Berlin weiter: Hätte das Bundesumweltministerium (BMU) die beantragten Verbesserungen als zwingend erforderlich angesehen, wäre es dessen Aufgabe gewesen, „dies zumindest mit der Landesaufsicht zu kommunizieren“. Denn der Antrag sei auch dem BMU zugegangen.

Greenpeace hingegen verweist darauf, dass die EnBW in ihrem Schreiben vor gut 41 Monaten den Sofortvollzug beantragte und dies unter anderem damit begründete, dass das „öffentliche Interesse an jeder sicherheitstechnischen Optimierung sehr hoch einzuschätzen“ sei. In dem Antrag ging es unter anderem um die Errichtung einen Notstromdiesel-Gebäudes.

Nur „Panikmache“?

Gönners Sprecher warf Greenpeace „verantwortungslose Panikmache“ vor, erklärte aber zugleich, dass im Jahr 2011 in Neckarwestheim eine Entscheidung fallen werde. Es würden Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe nötig, wolle die EnBW den Reaktor für weitere acht Jahre am Netz halten. Entscheide sich der Konzern aus betriebswirtschaftlichen Gründen gegen die Nachrüstungen, müsse der Reaktor vom Netz. Umweltverbände haben für den 12. März zu einer Menschenkette zwischen dem Atomkraftwerk Neckarwestheim und der Landeshauptstadt Stuttgart aufgerufen. Sie rechnen mit mehreren zehntausenden Teilnehmern.

BERNWARD JANZING