: Zeitschriften werden rauchfreie Zonen
Der Bundestag verabschiedet die Umsetzung der EU-Tabakrichtlinie: Zigarettenwerbung ist ab 2007 in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet verboten. Den Herstellern bleiben Kinos und Plakate sowie das Sponsern von Kultur und das Kneipentingeln
AUS BERLIN GEORG LÖWISCH
Liberté toujours, Geschmack verbindet – solche Slogans werden die Leser von Zeitschriften 2007 nicht mehr finden. Der Bundestag hat gestern die Umsetzung einer EU-Richtlinie beschlossen, die Tabakwerbung auch in Zeitungen, Zeitschriften und im Internet verbietet. Der Bundesrat soll bis Jahresende zustimmen. Damit werden die Tabakkonzerne bei der traditionellen Werbung nun auf Kinos und Plakatwerbung beschränkt. Offen ist, wie die Zigarettenindustrie das frei werdende Geld einsetzt.
Die EU-Richtlinie gilt bereits seit Mitte 2005. Deutschland hatte die Umsetzung jedoch lange verweigert und vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt: Die EU sei nicht zuständig. Als sich eine Niederlage abzeichnete, handelte Berlin.
Industrie und betroffene Medien bekämpfen das Werbeverbot seit Jahren. Zeitschriftenverleger-Präsident Hubert Burda hatte die Regeln aus Brüssel zur Grundsatzfrage erhoben: Komme das Tabakverbot, folgten weitere Werbeverbote aus der EU-Hauptstadt Brüssel.
Eigentlich spielt die Zigarettenreklame nur noch eine winzige Rolle auf dem deutschen Werbemarkt. Von dem Verbot betroffen ist nach Angaben des Zentralverbandes der Deutschen Werbewirtschaft ZAW, in dem Industrie, Medien und Agenturen organisiert sind, ein Etat von 118 Millionen Euro, den die Zigarettenunternehmen pro Jahr ausgeben: 58 Millionen für Zeitungs- und Zeitschriftenanzeigen, 10 Millionen für Onlinedienste und 40 Millionen für das Sponsoring der Formel 1, das nun ebenfalls verboten wird.
Zum Vergleich: Die Autoindustrie steckt jedes Jahr weit über 1 Milliarde Euro in Werbeplätze der Medien. Sie darf allerdings auch Fernsehspots schalten, den Zigarettenherstellern ist das seit 1974 verboten.
Die einzelnen Tabakunternehmen wollen aus Wettbewerbsgründen noch nicht sagen, was mit den 118 Millionen Euro nun geschieht. „Die Zigarettenindustrie wird gezwungen, sich in den Privatbereich zu verziehen“, schätzt Volker Nickel vom ZAW: „Etwa Werbung per Brief oder Mail oder dass man auf Veranstaltungen Formen von Werbung platziert.“
Nach ihrer eigenen Sprachregelung geht es den Tabakunternehmen mit Werbung nicht darum, Nichtraucher zu Kunden, also Süchtigen zu machen, sondern nur um Marktanteile. Manager von British American Tobacco benutzen dafür gern das Bild einer Pizza: Sie wird nicht größer, aber um ihre Aufteilung kann man noch kämpfen. Ohne Werbung würden die Marktanteile festgeschrieben. Das könnte wiederum Philip Morris freuen. Der Marlboro-Hersteller hat das größte Pizzastück.
Neben Kino und Plakat bleiben den Konzernen alternative Werbeformen, die sie in den vergangenen Jahren schon forciert haben. Im Marketingdeutsch heißen sie „below the line“. In Hamburg sponsert Lucky Strike die „Lange Nacht der Museen“, die Marke f6 der „Cigarettenfabrik Dresden GmbH“ gibt Geld für eine ostdeutsche Newcomer-Band.
Zu dieser Werbekategorie gehören auch die Zigarettenvertreter, die abends durch Kneipen tingeln und zu Befragungen oder Gewinnspielen einladen. Zur Strategie der Tabakunternehmen gehören aber auch Aktionen, bei denen sich junge Abenteurer für Sommerjobs in den Vereinigten Staaten bewerben können (come to Marlboro country) oder sich in Hamburg als Galeristen erproben dürfen (Lucky Strike).