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Ist Gewalt gleich Gewalt? Für Irritation bei der taz hamburg sorgte gestern ein Kommentar in der überregionalen tageszeitung: Empört über den „feigen Überfall“ auf den Hamburg Neonazi-Verteidiger Jürgen Rieger geißelte Gastautor Horst Meier, daß unsere Lokalredaktion diese „Attacke“ nicht mit Stumpf und Stiel verurteilte. Ohne Rücksprache mit der Hamburger Redaktion und ohne kritische Solidarität mit den eigenen Mitarbeitern, ließ man den Kommentar des Juristen Horst Meier ins Blatt fallen.

Mit seinem flammenden Plädoyer für den Rechtsstaat und die „Unversehrtheit“ jeder Person rennt Meier bei uns offene Türen ein. Man kann jedoch nicht so tun, als gäbe es in der nicht-radikalen Linken keine klammheimliche Schadenfreude, wenn ein verdienter Rassist wie Rieger – es sei durchaus fraglich, ob im Warschauer Ghetto „auch nur ein Jude gestorben wäre, wenn es mehr Solidarität unter den Juden gegeben hätte“ – verprügelt wird.

Denn ob Meier es gut findet oder nicht: Es macht einen Unterschied, wer wem aus welchen Motiven Gewalt antut. Ob eine Frau ihren Kerl niedersticht, der sie jahrelang mißhandelt hat, ob ein Diskriminierter das Recht selbst in die Hand nimmt oder ob ein Trupp Neonazis Schwarze aus dem Fenster wirft, ist nicht das Gleiche.

Trotz dieser Ambivalenz ist Gewalt gegen Rechte keine Lösung, auch wenn es zuweilen eine schwere Einsicht ist. Aber Rechtsstaatlickeit besteht gerade darin, auch dem Menschenfeind nicht seine Rechte abzusprechen. So stand es in unserem Kommentar zu lesen, und so hätte es jeder verstehen können – auch Herr Meier. taz