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: Kotzbrockenkaliber

■ "Wer Kollegen hat, braucht keine Feinde", Mittwoch 20.15 Uhr, ARD

„Wer Kollegen hat, braucht keine Feinde“, Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD

Gern erinnere ich mich an meine Angestelltenzeit zurück. Denn der Vorgang des Erinnerns befördert so wunderbar ins Bewußtsein, wie viele Jahre doch seitdem vergangen sind. Noch einmal durchmachen möchte ich diese Phase nämlich nicht.

Auch in unserer kleinen Firma gab es Schmierlappen, Opportunisten und Biester; das im zu diskutierenden Film vorgeführte Kotzbrockenkaliber aber blieb uns glücklicherweise erspart. Ohnehin hätte die Erwähnung des Wortes „Mobbing“ vor zwanzig Jahren bestenfalls fragende Gesichter zur Folge gehabt, derweil die damit bezeichnete Nadelstichtaktik hingegen durchaus zum Alltag gehörte.

„Wer Kollegen hat...“ war als Film über dieses Phänomen annonciert. Etwas Engagiertes also, Problemfernsehen, pädagogisch, sozial gar und womöglich anspruchsvoll. Doch nicht das schlichte Triezen, Bluffen und Austricksen im Weichbild eines Betriebs stand im Mittelpunkt, sondern hochkarätiges Intrigieren in den oberen Etagen. Die Autorin Gabriela Sperl hob ihr Thema auf Kriminiveau – sexuelle Belästigung, Nötigung, Wirtschaftsspionage und Brandstiftung sind Straftaten und haben mit den ohnmächtig erduldeten Streichen übelwollender Kollegen nicht mehr viel gemein.

Insofern mußte die Geschichte schon kräftig zurechtgebogen werden, um die Justiz außen vor zu halten. Auch strapazierte den guten Willen des Betrachters, wie das klärende Gespräch zwischen der Hauptfigur Meier – angelegt als patenter Kerl und paßgenau gegeben von dem deutschen Bruce Willis Heino Ferch – und der wohlmeinenden, dem Manne amourös zugeneigten Betriebsprüferin immer wieder mehr oder minder kunstvoll hinausgezögert wurde. Hätte die Geschichte doch anderenfalls ein jähes Ende finden müssen. Deus ex machina, dein Name sei McGuffin.

Dennoch legte der Film die Mechanismen des Mobbings bloß, nicht zuletzt durch die Einbeziehung nachgeordneter Arbeitskräfte; und die Botschaft, gegebenenfalls sachdienliche Gegenmaßnahmen zu ergreifen, kam an. Über das partiell poröse Konstrukt half ein engagierter Regisseur hinweg, und wäre da nicht dieses unnötig übertriebene, weil die weibliche Hauptfigur unvermittelt in die Defensive abdrängende Happy-End gewesen, man müßte gar nicht lange herummäkeln. Harald Keller