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Mehr Steuern von den Erben

■ Bündnisgrüne stellen ihren Gesetzentwurf zur Neuregelung der Erbschafts- und Vermögenssteuer vor

Bonn (taz) – Preisfrage: Von welcher Partei stammt ein Gesetzentwurf zur Neuregelung der Erbschaftssteuer, aus der sich folgende Beispielsrechnung ergibt? Das Familienerbe beträgt 1,3 Millionen Mark, darunter ein Einfamilienhaus im Verkehrswert von 800.000 Mark. Alleinerbin ist die Ehefrau. Nach Abzügen beim Wert des Hauses, bei Hausrat, Schmuck, Auto, Bankguthaben und Kleinigkeiten wie Beerdigungskosten bleibt ein zu versteuerndes Erbe von 180.000 Mark übrig. Aufgrund des angepeilten niedrigen Steuersatzes, fallen 6.000 Mark Erbschaftssteuer (0,46 %) an. Nur 6.000 Mark von 1,3 Millionen? Das kann doch nur von den Regierungsparteien kommen — oder?

Doch das Beispiel stammt von der finanzpolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Christine Scheel, die gestern den Gesetzentwurf ihrer Fraktion vorgestellt hat. Nach jetziger Gesetzeslage würde bei einem Erbe von 1,3 Millionen kein Pfennig Erbschaftssteuern fällig werden; das zu versteuernde Vermögen würde sogar bei minus 90.000 Mark angesetzt. Dem Gesetzentwurf der Regierung zufolge würden es sogar minus 720.000 Mark sein.

Gegenüber den geplanten Gesetzesänderungen der Regierung, die den Wegfall der Vermögenssteuer wollen, rechnen B' 90/Grüne mit Mehreinnahmen von 12,9 Milliarden Mark bei der Vermögenssteuer und 9,5 Milliarden Mark bei der Erbschaftssteuer. Bezüglich der Vermögenssteuer sieht die Finanzexpertin keinen Konflikt mit dem Verfassungsgerichtsurteil zur Vermögenssteuer, dem zufolge nicht mehr als 50 Prozent des Ertrages besteuert werden darf. Aufgrund der von B' 90/Grüne geplanten Steuersenkungen von durchgängig etwa 10 Prozent bestehe ein größerer Spielraum bei der Vermögenssteuer. Nach Vorstellungen B' 90/Grüne sollen bei einer Familie mit zwei Kindern 900.000 Mark vermögenssteuerfrei sein. Zur Zeit sind es 480.000 Mark.

Andere Vorstellungen als ihre Fraktion hat Christine Scheel bezüglich der Höhe der Erbschaftssteuer bei Betrieben. Der Gesetzesvorlage von B' 90/Grüne zufolge würde beispielsweise ein Betrieb im Wert von 10 Millionen Mark mit 2,1 Millionen Mark (21 Prozent) besteuert. Im Vergleich zur Besteuerung von Privatvermögen, bei der es nicht um Arbeitsplätze gehe, sei dies zu hoch, so Christine Scheel. Sie strebe Sätze an, die noch unterhalb der Vorstellungen der Bundesregierung liegen. Im genannten Beispiel wären das 1,8 Millionen Mark.

Christine Scheel äußerte sich sehr zufrieden über die finanzpolitische Arbeit von B' 90/Grüne. „Wir haben Anträge zur Gewerbesteuer, zur Künstlerbesteuerung, zur Lohnbesteuerung eingebracht und nun diesen Gesetzentwurf.“ Die SPD sei lange nicht soweit. Typisch sei deren Haltung zum Solidaritätszuschlag. Noch vor zwei Wochen sei die SPD für eine Senkung eingetreten und beabsichtige nun eine Erhöhung. „Da versteht man die Welt nicht mehr.“ Markus Franz

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