: Clinton muß Druck machen
■ Nach Netanjahus US-Reise ist Washington am Zug
Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten. Ein bißchen Latein mutete Benjamin Netanjahu seinen amerikanischen Gastgebern zu, um deren Bedenken zu zerstreuen, er könne gerade dies nicht tun – die Friedensverträge einhalten. Doch trotz seiner Bekenntnisse zum Frieden im allgemeinen und zu mehr ökonomischer Unabhängigkeit von den USA im besonderen hat Netanjahu in Washington noch einmal klargemacht: Israel bleibt eine Bastion des Westens inmitten feindlicher arabischer Nachbarn, eine Bastion, deren zentraler Stützpfeiler die militärische, wirtschaftliche und politische Kooperation mit den USA ist. An dieser Kooperation zu rütteln würde Bill Clinton aus vielerlei guten Gründen nicht im Traum einfallen. Es wäre aber wahrlich hilfreich gewesen, wenn er seinem Gast in aller Öffentlichkeit beigebracht hätte, daß die USA von dieser Allianz längst ein anderes Ergebnis erwarten: die Integration Israels in den Nahen Osten – egal, ob Likud oder Labour regiert.
Gewiß müssen sich die USA in ihrer Nahostpolitik einige Widersprüchlichkeiten vorwerfen lassen, die auch Netanjahu bei seinem US-Besuch rhetorisch nutzte. Iran und Syrien nehmen sich in ihrer Affinität zu staatlicher Repression und terroristischen Organisationen vermutlich wenig. Ersteren als Paria der internationalen Staatengemeinschaft anzuprangern und zweiteren als seriösen Gesprächspartner zu hofieren ist zu widersprüchlich, als daß man es als Realpolitik durchgehen lassen könnte.
Doch um den Friedens-, oder sagen wir besser Verhandlungsprozeß im Nahen Osten am Leben zu erhalten, geht es vorerst nicht um Syrien und die Zukunft des Golan, sondern um die Palästinenser. Bill Clinton muß jetzt – und nicht erst nach seiner wahrscheinlichen Wiederwahl im November – mit wirtschaftlichen Konsequenzen drohen, wenn Netanjahu weiterhin den Gaza- Streifen und die Westbank durch Blockaden ökonomisch abwürgt und den Zeitrahmen für die weitere Umsetzung der Osloer Abkommen mit einem „später“ umschreibt – wohlwissend, daß dies zu einer neuen Revolte der Palästinenser führen kann. Bislang war Bill Clinton eher der Zeremonienmeister des Friedensprozesses, jetzt muß er zur treibenden Kraft werden. Andrea Böhm
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