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Das Geschäft lief wie geschmiert

■ Bahnauftrag: Siemens zahlte Millionen an spanische Sozis

Madrid (taz) – Siemens hat die spanischen Sozialisten mit 16 Millionen Mark geschmiert, um beim Bau der Hochgeschwindigkeitszuges AVE von Madrid nach Sevilla den Zuschlag zu erhalten. Das belegt ein 500 Seiten starkes Gutachten, das jetzt das spanische Finanzamt der Ermittlungsrichterin Teresa Chacón vorlegte. Die Bestechungsgelder gingen an drei Beratungsunternehmen – alle im Besitz von hochrangigen Sozialisten, darunter die ehemaligen Kassenwartin der PSOE, Aida Alvarez.

Die Beratungsagenturen verpflichteten sich im Gegenzug zu Vermittlungstätigkeiten, so die offizielle Vereinbarung. In Wirklichkeit wurden diese Dienstleistungen nie erbracht. Hinsichtlich GMP Consultors, die mit 15 Millionen Mark den Hauptanteil der Siemensgelder einstrich, zeigt der Bericht: „Es liegt kein einziges Dokument vor, das Kontakte oder Verhandlungen seitens GMP zugunsten von Siemens belegen könnte.“ Die Gutachter bezweifeln, daß GMP überhaupt zu solchen Tätigkeiten fähig ist, „aufgrund sehr eingeschränkter Unternehmensstrukturen“. Im Gegenzug erhielt Siemens den Zuschlag bei der Elektronik für die Züge und die Strecke Madrid-Sevilla. Das Auftragsvolumen belief sich auf rund 1,6 Milliarden Mark.

Das Gutachtens geht weiter. 16 Millionen Mark sei nur der Betrag an Schmiergeldern, der bisher Siemens hieb- und stichfest nachgewiesen werden kann. „Der tatsächlich vereinbarte Preis für die angeblichen Leistungen von GMP beläuft sich auf 41 Millionen Mark“, heißt es im Bericht der Sachverständigen.

Selbst nach der Auftragsvergabe gingen die Ungereimheiten weiter. Das Gutachten zeigt, daß die spanische Bahngesellschaft Renfe bei mehreren Aufträgen ohne Begründung die Preise hochsetzte. Siemens kam das gelegen. Bei einem Vertrag in Höhe von einer halben Milliarde Mark für Loks und Waggons strichen die Deutschen 50 Millionen Mark mehr ein, als anfänglich vereinbart. Beim Bau der Signalanlage stieg der Preis um 51 Prozent, bei den Oberleitungen um 33 Prozent. Eine Tatsache, die den Verdacht aufkommen läßt, das es sich bei der Schmiergeldzahlung vielleicht gar um ein Dreiecksgeschäft handeln könnte: Die PSOE kassiert bei Siemens und Siemens beim Staatsunternehmen Renfe. Der geprellte wäre in dem Fall der spanische Steuerzahler – und die Europäische Union, die den Streckenbau mit zwei Milliarden Mark bezuschußte. Reiner Wandler

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