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■ Amerikanische Irak-Politik zwischen Angriff und VersagenMartialische, nutzlose Gesten

US-Präsident Bill Clinton hat gestern angekündigt, mit militärischen Aktionen gegen den Südirak auf die beiden irakischen Raketen zu reagieren, die vorgestern ihr Ziel – US-Abfangjäger – verfehlten. So scheint Clinton im Konflikt mit dem Irak auch weiterhin eine Rolle simulieren zu wollen, die er nicht einlösen kann: die des starken Mannes, der die Probleme zu lösen weiß.

Völkerrechtlich bedenklich war – gelinde gesagt – bereits der erste Angriff gegen den Südirak in der vergangenen Woche. Sowohl die Attacke als auch die Ausweitung der Flugverbotszone beschlossen die USA ohne die UNO, ja, sogar ohne die früheren Alliierten des Golfkrieges zu konsultieren. Das Bild, das sich aufdrängt, ist bekannt: Weltpolitik in Cowboymanier. Wenn es logistisch nicht nötig ist, verzichtet man in Washington halt auf UNO und die Zustimmung in Moskau und Paris. Sogar Saudi Arabien verweigert den USA Militärbasen für weitere Angriffe gegen den Irak.

Der russische General Lebed hatte recht, als er meinte, die USA würden sich aufführen wie ein „Elefant im Porzellanladen". Daß dabei die Golfkriegsallianz zu Bruch geht, ist vielleicht nicht weiter schlimm. Tragisch hingegen, daß die Schutzzone für die Kurden im Norden, die ihnen minimale Stabilität garantieren sollte, in Scherben gefallen ist. George Bushs Neue Weltordnung zeigt sich hier als Zerrbild.

Dabei geht es nicht darum, den USA generell neoimperiale Neigungen vorzuhalten. Ohne US-Einfluß wäre heute im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern noch weniger, in Bosnien wahrscheinlich gar keine Aussicht auf dauerhaften Frieden. Doch die militärischen Attacken auf den Irak speisen sich aus trüben Quellen. Wahlkämpfer Clinton will hart erscheinen: Saddam Hussein läßt sich zudem der US- Öffentlichkeit noch immer als bad guy verkaufen.

Das reicht, auch wenn klar ist, daß auch ein Sturz des Diktators die Probleme der Kurden im Norden keineswegs lösen würde. So riskiert Clinton ohne Not eine Eskalation der Gewalt, die nichts zu einer Lösung der komplizierten Lage im Nordirak beiträgt. Die USA agieren ohne klares strategisches Ziel. Und das moralische Ziel, die Lage der Kurden zu verbessern, verfolgt offenbar noch nicht einmal mehr die PR-Abteilung des Pentagon. Stefan Reinecke

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