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Sprüche und Schläge

■ Junger Mazedonier verurteilt, weil er auf U-Bahnhöfen Serben verprügelte

Die Flucht aus dem Kriegsgebiet kann die dort aufgerissenen Gräben auch nicht im nachhinein zuschütten. „Wo kommst du her?“ soll der Mazedonier Asmir I. im August 1995 mehrmals Jugendliche gefragt und auf die Antwort „aus Serbien“ zugeschlagen haben. Gestern wurde der 17jährige dafür vom Hamburger Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen zu fünf Arbeitsleistungen verurteilt.

Mit dem, was ihm vorgeworfen wird, will Asmir I. nichts zu tun gehabt haben. Er habe sich öffentlich gegen Serben geäußert, das schon, räumte er trotzig ein. Aber nicht gegen die Serben, die wie er hierher geflohen seien. Sprüche habe er fallen lassen „über die, die uns vertrieben haben“. Und die würde er auch hassen, schließlich „war mein Vater sieben Monate in einem Todeslager“.

Doch wenn er sie bekämpfen wollte, würde er es nicht auf Hamburgs U-Bahnhöfen tun, sondern dafür nach Bosnien zurückkehren. Warum sollte er hier andere ebenso unterdrücken, wie er in Bosnien unterdrückt worden sei? Seine Schulleiterin allerdings bescheinigte in einem Schreiben ans Gericht, Asmir I. sei „faschistisch in seinem Haß auf Serben“.

Dreimal soll der Mazedonier, so die Überzeugung von Amtsrichterin Schorn, mit einer Gang aus fünf bis sechs weiteren jungen Männern auf U-Bahnhöfen andere Jugendliche nach ihrer Nationalität befragt haben, um die als Serben Geouteten dann zusammenzuschlagen. Mal mit dem Baseballschläger, mal mit Fußtritten und der bloßen Faust. Prellungen, Blutergüsse und aufgeplatzte Lippen zeichneten die Spuren des aggressiven Nationalismus nach.

Asmir I. will an den Übergriffen nicht beteiligt gewesen sein, wehrte er im Gericht mit coolem Gestus ab. Schlechte Karten hatte er dennoch, denn zwei der im August 1995 Malträtierten zeigten ohne zu zögern auf den Mazedonier, als sie gefragt wurden, ob sie ihren Angreifer im Saal wiedererkennen.

Elke Spanner

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