: Schwarzseher sehen schwarz
■ SFB soll Daten aus dem Melderegister bekommen
Um alle SchwarzseherInnen aufzuspüren, soll der SFB in Zukunft Daten aus dem Melderegister erhalten. Nach einer Verordnung der Senatsinnenverwaltung wird die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) für den SFB ihre Daten zukünftig mit den Angaben der Einwohnerämter abgleichen. Alle, die keine GEZ-Gebühr zahlen, müssen dann mit einer Anmeldungsaufforderung rechnen. Die Verordnung ist von der Senatskanzlei schon gegengezeichnet und mit der Justizverwaltung abgesprochen.
„Der Datenabgleich verstößt gegen die Verhältnismäßigkeit, bedeutet eine Zweckentfremdung des Melderegisters und weckt Begehrlichkeiten bei anderen Behörden“, kritisierte die Sprecherin des Datenschutzbeauftragten Claudia Schmid. Da der überwiegende Anteil der Daten nicht erforderlich sei, bedeutet die Erhebung nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten, Hansjürgen Garstka, einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht: Der Abgleich hätte zur Folge, daß Daten sowohl von SchwarzseherInnen, GebührenzahlerInnen und der Spezies „Mensch ohne Radio“ weitergeleitet würden. Deshalb lehnt Garstka den Abgleich auch grundsätzlich ab.
Neben Namen, Vornamen und Geburtsdaten sollen auch frühere Namen, letzte Anschrift, Tag des Ein- und Auszugs, Familienstand, eventueller Doktorgrad und der Sterbetag an den SFB geliefert werden. Nach der Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten will die Innenverwaltung jetzt auf zwei Punkte verzichten: frühere Anschriften und den Rufnamen. Der Sprecher der Innenverwaltung, Thomas Raabe, betonte, die Kritik des Datenschutzbeauftragten sei zum Teil berücksichtigt. Außerdem sei das informationelle Selbstbestimmungsrecht nur am Rande berührt und eine halbjährige Löschfrist der Daten bei der Gebühreneinzugszentrale festgelegt.
„Das richtige Ziel, die Einnahmen des SFB zu erhöhen, darf nicht zu drastischen Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte der Bürgerinnen und Bürger führen“, protestierte Ingrid Lottenburger, für die Bündnisgrünen im Datenschutzausschuß des Abgeordnetenhauses. Sie wies darauf hin, daß auch alle UntermieterInnen jetzt zu potentiellen SchwarzseherInnen abgestempelt würden.
Der SFB unternimmt seit längerem Vorstöße, endlich – wie schon jetzt Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern und dem Saarland – an die ersehnten Daten zu gelangen. Schon in einer Rundfunkratssitzung im Dezember 1995 hatte der Verwaltungsrat vergeblich eine entsprechende Beschlußvorlage eingebracht. Ingrid Lottenburger wertete die jetzige Senatsvorlage einerseits als Fortführung der SFB- Politik. Andererseits sei sie eine willkommene Gelegenheit: „Statt transparenter Verwaltungen schafft die Innenverwaltung transparente Bürger und BürgerInnen.“ Barbara Junge
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