piwik no script img

Vermummte Kollegen

■ Rund 50 Zivilbeamte sollen am 1. Mai an Straftaten beteiligt gewesen sein. PDS und Grüne fordern Aufklärung

Ein der taz sowie PDS und Grünen zugespielter Mitschnitt des Polizeifunks vom Abend des 1. Mai läßt die Vermutung zu, daß verdeckte Ermittler der Polizei an Straftaten beteiligt gewesen sind. Nach vorliegenden Informationen soll in Kreuzberg eine Gruppe von rund 50 Vermummten aufgetreten sein, die aus Angehörigen der Polizei bestand. Den in Uniform diensttuenden Beamten war dies offenbar unbekannt. So wurde der Funkzentrale „Weide 24“ erstmals gegen 21.50 Uhr eine Gruppe von 50 Vermummten gemeldet, die Richtung Oranienplatz ziehen würde. Die Polizeifunker erwähnen zweimal Barrikaden, an denen sich die Vermummten aufhalten. Nach ihrer „Aufnahme“ durch die Polizei stellte sich heraus, daß es sich um sogenannte „Zylinderkräfte“ handele, dem polizeiinternen Begriff für Zivilbeamte. Die Funkzentrale fragte Minuten später verwundert nach, ob es sich bei den „50 Vermummten um Verdeckte“ handele, worauf eine Polizistin („Pegel 2“) bestätigt: „Ja, genau so.“ (siehe Dokumentation). Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Grüne) will nun im Innenausschuß klären lassen, woher die 50 Vermummten gekommen seien und was sie insbesondere während des Beginns der Ausschreitungen beim Mariannenplatzfest getan haben. Es stelle sich die Frage, so Wieland, ob nicht allein die Quantität von 50 vermummt arbeitenden Polizeibeamten bei ansonsten relativ wenig Gewalttätigkeit eine anstiftende Funktion haben mußte. Auch die PDS forderte eine „rückhaltlose Aufklärung des Polizeiskandals“. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) wollte gestern im Abgeordnetenhaus keine Stellung beziehen. Zunächst müsse der abwesende Innensenator Schönbohm befragt werden. Polizeisprecher Neyck hielt es für „unvorstellbar, daß eine Horde von 50 verdeckten Ermittlern“ durch die Straße ziehe. Davon sei nichts bekannt. Er bestätigte, daß es im fraglichen Bereich zu Straftaten – etwa durch Barrikadenbau – kam. taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen