: Kröte im Hals der Planer
Die Zukunft des Kulturforums im Tiergarten bleibt offen. Senatsbaudirektorin Jakubeit spricht sich für Bebauung und gegen Masterplan aus ■ Von Ansgar Oswald
Mit „Gras einsäen“ ist es nicht getan, sondern es müßten „am Kulturforum die Baulücken geschlossen“ werden, erklärte Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit am Mittwoch abend anläßlich der Auftaktveranstaltung zu einer neuen Reihe von „Architekturgesprächen“ im Berlin-Pavillon.
Laut Jakubeit sei die Leitidee für den Stadtraum bereits durch Scharoun vorgegeben. Das hieße, das „Haus der Mitte“ – ein Künstlerhaus mit Ateliers, Probesaal für die Philharmoniker sowie Gastronomien und Galerien – und das Musikinstitut an der Potsdamer Straße zu realisieren.
Aber auf den Bebauungsplan der 60er Jahre, den Scharouns Architektenpartner Edgar Wisniewski einforderte, wollte sich die Senatsbaudirektorin nicht einschwören.
Mit dem grundsätzlichen Plädoyer für eine Bebauung erteilte die Senatsbaudirektorin eine deutliche Absage an die Konzeption von Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD).
Dessen „Planwerk Innenstadt“ sieht vor, die öde „Innenfläche des Kulturforums“ mit Automarkt, Containern und Zirkuszelt durch „einen grünen Teppich“ zu ersetzen. Doch die Idee eines „Parks der Kunstobjekte“, wie ihn der Masterplan vorgibt, ist mit der Scharounschen Stadtlandschaft unvereinbar.
Beim ersten Architekturgespräch nach einjähriger Pause ging es nicht darum, ob das Kulturforum zum architektonischen Skulpturenpark degradiert werden soll, sondern um das künftige Bau- und Nutzungskonzept. Aber diesbezüglich gab es keine alternativen Vorschläge zum Konzept der 60er Jahre.
Die Kunsthistorikern Gabriele Dolff-Bohnekämper vom Landesdenkmalamt unterstrich, daß das Ensemble als „architektonisch- kulturpolitisches Manifest“ demokratischen Bauens gegen die „versteinerte Stadt“ nicht verfälscht werden dürfe. Es sei bereits jetzt ein Denkmal, und „diese Erbschaft macht das Weiterbauen nicht einfacher.“
Wisniewski erklärte, für ihn stelle sich darum nicht die Frage nach dem Verfallsdatum des Sharounschen Konzepts. Heute erweise es sich als „sträfliche Nachlässigkeit das Kulturforum dreißig Jahre lang brachliegen gelassen zu haben“, kritisierte der Architekt mit Blick auf die Vergnügungs- und Business-Quartiere am Potsdamer Platz.
Abwarten wollen auch nicht mehr die Bürger. Im Auditorium machte sich Unmut über das dreistündige Fachgesimpel breit. Der Verein des Kulturforums Tiergarten e.V. ließ ein Flugblatt mit einer fingierten Meldung kursieren, der Senat habe sich zum Abriß des Kulturforums entschlossen, weil er sich „zu keiner abschließenden Bebauungslösung durchringen konnte“. Statt dessen habe man sich geeinigt, hier einen „Kinderbauernhof mit Froschbiotop sowie eine Go-Kart-Bahn und einen BSR-Recyclinghof“ anzulegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen