TU: Forschung statt Erziehung

■ TU-Chef Ewers setzt sich bei Strukturplanung durch. Erziehungswissenschaften und Lehramtsstudiengänge sollen weg. In den Ferien wird weiter diskutiert

Der Akademische Senat (AS) der Technischen Universität (TU) hat am Mittwoch dem Strukturplan von Präsident Hans-Jürgen Ewers zugestimmt und die wesentliche Marschroute für die Kürzungen in den nächsten Jahren vorgegeben. Der Fachbereich Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften soll ersatzlos entfallen.

Von heute 540 TU-Professuren sollen nur noch 320 übrigbleiben, aus 15 Fachbereichen sollen acht werden. Die Forschung erhält Vorrang vor der Lehre. Fachbereichsübergreifende Forschungsschwerpunkte sollen die TU möglichst zum „internationalen Marktführer“ machen. Der Ewers-Plan soll als Richtlinie für die Fachbereichsräte gelten, die in den Sommerferien genauere Pläne aufstellen müssen.

Am stärksten getroffen hat es die Pädagogik, seit der letzten großen Reform in den siebziger Jahren an der TU stark vertreten. Im Strukturplan, der bis zum Frühjahr endgültig verabschiedet sein soll, bleibt davon fast nichts übrig. Nur noch mit dem Ziel Studienrat sollen Lehramtsstudiengänge angeboten werden, lautet eine der Einzelvorgaben, die der AS gestern auf Ewers' Antrag beschloß.

Der rechten Mehrheit des Senats war diese Vorgabe zum Kahlschlag nicht scharf genug, so daß sie noch zwei weitere Sätze anfügte. Auch die Abschaffung der Sozialpädagogik erhob der AS zur Grundlage der weiteren Planung, ebenso die Einstellung der erziehungswissenschaftlichen Studiengänge. Erziehungswissenschaft sei „keinesfalls nur, wie der Strukturplan behauptet, auf die Lehrerbildung ausgerichtet“, hatte Ulf Preuss-Lausitz, Dekan des Fachbereichs zuvor betont. Das Diplom- und Magisterfach behandele vielmehr gesellschaftliche Fragestellungen, „es ist schon fast peinlich, dies sagen zu müssen.“

Die Reformfraktion im AS klagte gestern über das „handstreichartige Vorgehen“ der Rechten. Sie hätten „eine Diskussion in den zuständigen Gremien und eine Stellungnahme der Fachbereiche ausgehebelt“. Als die Konservativen mit 13 zu 12 Stimmen bei der Einstellung der Erziehungswissenschaften gesiegt hatten, verließ das Oppositionsbündnis die Sitzung, so daß die weiteren Punkte des Ewers-Papiers ohne Gegenstimme durchkamen. Frauenbeauftragte Heidi Degethoff-de Campos hatte allerdings beim ersten Beschluß ihr Veto eingelegt, so daß diese Abstimmung wiederholt werden muß. Wegen der Ferien tagt das Gremium demnächst mit halber Mitgliederzahl. Mit Sparbesetzung das Aus einer Fächergruppe zu beschließen, wäre für Degethoff-de Campos ein „weiterer Grad von akademischem Kulturverfall“. Matthias Fink