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Danke, Mrs. Albright!

■ Bosnien: Die Nato jagt Kriegsverbrecher

Daß Spezialtruppen der Nato endlich gegen Kriegsverbrecher vorgehen würden, war schon in den letzten Wochen in Sarajevo durchgesickert. Es hagelte zwar Dementies – welches Militär will sich schon vor so einer Aktion in die Karten gucken lassen –, die politische Richtung jedoch war schon seit der Rundreise der US-amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright in den Staaten Exjugoslawiens im Juni klar. Sie lautet: Die Umsetzung des Abkommens von Dayton erfordert es, zumindest die wichtigsten Kriegsverbrecher festzunehmen. Gelingt es tatsächlich, der schrecklichen Mladićs und Karadžićs habhaft zu werden, können die Überlebenden der serbischen Konzentrationslager aus Omarska, Brčko und Foca aufatmen. Und das ist die Voraussetzung dafür, daß die durch den Krieg getrennten Bevölkerungsgruppen in Bosnien-Herzegowina wieder aufeinander zugehen können. Danke, Mrs. Albright! Aber bitte, lassen Sie die Nato-Militärs wissen, daß die Gesuchten lebend gefangen werden sollen. Denn die Aussagen des Polizeichefs von Prijedor und Kommandanten der KZs in der Region, Simo Drljaca, der bei der Aktion gestern getötet wurde, wären in Den Haag wichtig gewesen. Ebenso wie jene des kürzlich hingeschiedenen kroatischen Extremistenführers Mate Boban. Die Opfer brauchen nicht nur die Bestrafung der Mörder – sie wollen auch die Wahrheit.

Der Zeitpunkt der Aktion legt die Vermutung nahe, daß sie auf der Nato- Tagung in Madrid am Mittwoch grünes Licht erhielt. Die USA haben sich dabei gegen Widerstände mancher europäischer Staaten durchgesetzt. Vielleicht wird die britische SFOR in Westbosnien es jetzt auch unterlassen, die Untersuchungen der Massengräber zu verschleppen. Wahrscheinlich ist das so. Denn seit gestern sitzen die SFOR- Truppen wirklich in einem Boot.

Die Aktion ist natürlich riskant. Auch SFOR-Soldaten können dabei sterben. Aber das Risiko ist kalkulierbar. Denn vermutlich ist auch in der serbischen Republik in Bosnien lediglich mit dem Widerstand der Betroffenen selbst zu rechnen. Die meisten Menschen dort richten sich, wie in Deutschland 1945, nach dem Willen der Macht. Die Aktion wird also erst erfolgreich sein, wenn die Machtbasis der nationalistischen Extremisten zerschlagen wird. Erich Rathfelder

Bericht Seite 2

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