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Der Apple-Chef verläßt das Schiff

Beim Personal-Computer-Pionier ist keine Rettung in Sicht, der Marktanteil sinkt immer schneller. Selbst der legendäre Firmengründer Steve Jobs will seine Aktien verkaufen  ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Daß er eine Krawatte trage, helfe ihm, sich von den Apple-Angestellten abzusetzen, sagte Apple-Chef Gilbert Amelio einmal. Nach 17 Monaten hat ihn nun der Apple-Verwaltungsrat ganz abgesetzt: Mittwoch abend mußte der Sanierungsexperte Amelio zurücktreten. Sein formaler Stil habe einfach nicht zum jugendlichen Überschwang gepaßt, der die Unternehmenskultur Apples auszeichne, urteilen US-Experten. Das Ergebnis der Sanierung schildert Apples Vizechef Fred Anderson so: „Wir haben unsere Liquidität stabilisiert, die Gewinnschwelle gesenkt und die Produktqualität erhöht. Doch wir sind immer noch nicht auf dem Wachstumspfad.“ Amelio habe nicht die Stärken, die der Verwaltungsrat für nötig halte, um Apple zu retten, schloß Anderson.

Der gelernte Techniker Amelio hatte vor seinem Job bei Apple die Halbleiterfirma National Semiconductors saniert und ein Buch über seinen Erfolg geschrieben. Großspurig kündigte er an, mit Apple in nur einem Jahr wieder in der Gewinnzone aufzutauchen. Doch Apple machte weiter Verlust, und zwar 886 Millionen Dollar allein im zweiten Halbjahr 1996 – trotz Entlassung eines guten Drittels der Beschäftigten, Austausch des Managements und einer starken Einengung der Computerpalette. Nun muß Amelio abtauchen, eine Woche bevor Apple seine neuen Geschäftsergebnisse präsentiert – was die Verkündung neuer Großverluste erwarten läßt.

Im Dezember überraschte Amelio die Geschäftswelt mit dem Kauf von Next Software. Die Firma sollte helfen, ein „revolutionäres Betriebssystem“ für Multimedia zu entwickeln. Mit Next holte Amelio auch deren Inhaber Steve Jobs zurück. Der hatte Apple 1977 in der Garage seiner Eltern gegründet und geleitet, bis er 1985 selbst gefeuert wurde. Doch auch die Rückkehr des Gründers konnte das Vertrauen in Apple nicht bessern. Selbst Jobs kündigte im Juni an, seine 1,5 Millionen Apple-Aktien zu verkaufen. Inzwischen hat die Aktie ihren tiefsten Stand seit 12 Jahren erreicht.

Apple hat zwar die Maus und Bildschirmmenüs als erstes eingesetzt und rollte damit 1984 den Computermarkt auf. Doch seitdem fiel sein Marktanteil von weltweit 15 Prozent beständig. Allein 1996 sank er von knapp 8 auf magere 5,2 Prozent. Während auf dem PC-Markt die Konkurrenz der Anbieter die Preise drückten, produzierte Apple allein und zu teuer. Außerdem verpaßte Apple den Internetboom, sein elektronischer Notizblock Newton, angkündigt als Revolution wie einst der Mac, floppte. Viele Börsenexperten argwöhnen, daß die Firma nicht mehr zu retten sei.

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