■ Mit exotischen Weinen auf du und du: Über Suez nach Basel
Berlin (taz) – Weinflaschen haben einen mehrere tausend Kilometer langen Transportweg hinter sich, bevor sie in deutschen Verkaufsregalen landen. Nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) führten Anfang 1997 schon 40 Prozent aller Fachläden und Verbrauchermärkte Wein aus Kalifornien oder Chile, während es ein Jahr zuvor erst 20 Prozent waren. Auch Weine aus Südafrika, Australien und Neuseeland liegen im Trend und sind teilweise schon für vier Mark zu haben. Nicht auf dem Etikett steht der ökologische Preis: Eine Flasche Überseewein schluckt auf dem Weg viermal soviel Energie wie eine aus Südeuropa.
Zu diesem Ergebnis kommen zwei voneinander unabhängige Studien im Auftrag des Schweizer Ökoweinhauses Delinat sowie eine Untersuchung des World Wide Fund for Nature (WWF) in der Schweiz. Für Delinat haben zwei Umweltberatungsfirmen Ökobilanzen über Weintransporte aus Kalifornien, der französischen Provence und Süditalien erstellt. Die Resultate waren laut Delinat-Geschäftsführer Christoph Schäpper „fast identisch“: Der Schiffstransport aus Kalifornien frißt im günstigsten Fall doppelt soviel Energie wie der Bahntransport aus Süditalien. Wird der Wein jedoch gekühlt und nicht im Schiff auf dem Rhein bis Basel transportiert, sondern ab Rotterdam per Lkw oder Bahn, wächst der Energieverbrauch auf das Vierfache. Für eine Flasche Wein gehen so ungefähr 0,3 Liter Erdöl drauf.
Ähnliche Werte ermittelte der WWF. Wein aus Südafrika verschlingt dreieinhalbmal soviel Energie wie ein europäischer, eine Flasche aus Chile viermal soviel. Kalifornischer Wein verbraucht das 4,5fache an Energie, australischer das 5,5fache und neuseeländischer gar sechsmal soviel. Im Einzelfall kann die Energieverschwendung skurrile Blüten treiben: Die kalifornische Marke „Fetzer“ kommt nicht etwa über den Panamakanal und den Atlantik nach Europa, sondern schippert über den Pazifischen und Indischen Ozean zum Suezkanal, von dort durchs Mittelmeer und den Atlantik nach Rotterdam, um schließlich per Bahn nach Basel zu gelangen. Distanz: fast 30.000 Kilometer. Ausschlaggebend sind die niedrigeren Gebühren für den Suezkanal. „Die Umweltbelastung wird nie bezahlt“, klagt Ökoweinhändler Schäpper. Johannes Bernreuter
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