Das Portrait: Ausländerfeind aus dem hohen Norden
■ Carl Ivar Hagen
Carl Ivar Hagen, Norwegens Rechtsaußen mit Chancen auf den Wahlerfolg Foto: AP
Gegen den Vergleich mit dem französischen Front-National-Vorsitzenden Jean- Marie Le Pen wehrt er sich heftig. Mit Jörg Haider in einem Atemzug genannt zu werden, schmeichelt dem 53jährigen Norweger aber ganz offensichtlich. Carl Ivar Hagen, seit knapp 20 Jahren Vorsitzender der rechtspopulistischen Fortschrittspartei, geht am Montag einem unerwarteten Wahlerfolg für seine schon wiederholt totgesagte Partei entgegen.
Er, der als bester Redner der kleinen Gruppe norwegischer SpitzenpolitikerInnen gilt, jedenfalls ihr bester Demagoge ist, hat seine Aufgabe erkannt und setzt sie erfolgreich um. Einfache, leicht eingängige Botschaften: Steuererleichterungen, Flüchtlingsstopp und Verbesserung der Lebensbedingungen für Alte und Kranke. In einem Land mit einem auffallend hohen Anteil an fremdenfeindlicher Bevölkerung genügt das jeder fünften Wählerin und jedem fünften Wähler.
Er wird gewählt, obwohl eine klare Mehrheit seiner WählerInnen keinesfalls ihn als Ministerpräsidenten haben will. Soviel Selbstkritik ist auch bei seiner Anhängerschaft übriggeblieben, daß man Hagen, dem bereits als 40jährigen die Zeit für eine Autobiographie mit dem Titel „Ehrlichkeit währt am längsten“ reif schien, dieses Amt besser nicht anvertrauen möchte. „Er spricht die Unzufriedenheit in uns an, hat so herrlich einfache Lösungen. Das ist so menschlich“, kommentierte in diesen Tagen das Stavanger Aftenblad seinen Siegeszug, „aber will man so jemand wirklich als Führer haben?“
Hagens Rassismus lauert überall. Zuletzt hatte er bei den Kommunalwahlen 1995 mit ausländerfeindlicher Argumentation knapp 14 Prozent der Wählerstimmen geholt – das bis dahin beste Ergebnis für seine Partei. Und auch jetzt setzt er wieder auf Fremdenfeindlichkeit: „Wir wünschen allen, die sich nicht an die norwegische Gesellschaft anpassen wollen, eine richtig gute Heimreise“, heißt es diese Woche in einer Anzeige neben Fotos steinewerfender Palästinenser und betender Muslime.
Norwegens Bischöfe haben in einer gemeinsamen Erklärung Hagens Kampagne, die sich in diesem Jahr außer gegen Muslime auch noch gegen die samische Minderheit in Lappland richtete, eindeutig verdammt. Dennoch: Es scheint, als könne Hagen seiner Karriere einen neuen Höhepunkt hinzufügen. Reinhard Wolff
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