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Isolationisten gegen Interventionisten

■ In den USA wächst die Opposition gegen eine Verlängerung des Bosnien-Engagements. Die Regierung zeigt sich noch unentschieden

Als erster warf Henry Kissinger Anfang September den Stein ins Wasser. Das Dayton-Abkommen und die Bemühungen seiner fünf politischen Garantiemächte (USA, Rußland, Frankreich, Großbritannien, Deutschland) zur Erhaltung des multiethnischen Gesamtstaates Bosnien-Herzegowina seien endgültig gescheitert, schrieb der ehemalige US-Außenminister in einem vielbeachteten Meinungsbeitrag für die New York Times. Nun müsse sich die Clinton- Administration auf die „politischen Realitäten“ einstellen und noch rechtzeitig vor dem geplanten Abzug der SFOR-Truppen im nächsten Sommer politische Vereinbarungen zur Teilung Bosniens durchsetzen.

Inzwischen ist über diese Frage in den USA eine heftige Diskussion entbrannt. Der bekannte New York Times-Kolumnist A. M. Rosenthal stellte sich wie der Chicagoer Politikprofessor John J. Mearsheimer auf die Seite Kissingers. Dagegen halten vor allem Rosenthals Kollege Anthony Lewis – vorrangig mit moralisch-ethischen Argumten – und der Architekt des Dayton-Abkommens, Richard Holbrooke. Lewis plädiert für ein entschiedenes Vorgehen der SFOR, um „bislang vernachlässigte zentrale Bestimmungen des Abkommens wie die Festnahme mutmaßlicher Kriegsverbrecher und die Rückkehr von Flüchtlingen an ihre Vorkriegswohnorte endlich durchzusetzen“, und mahnt dabei eine Führungsrolle der USA an.

Holbrooke, inzwischen von Präsident Clinton zum Sonderbeauftragten für die Lösung des Zypern- Problems ernannt, hat einen Ruf zu verlieren. Energisch widerspricht er der Behauptung Rosenthals und Mearsheimers, das Dayton-Abkommen sei „von Anfang an“ ein Flop und zum Scheitern veurteilt gewesen. Beide Seiten argumentieren damit, es werde über kurz oder lang zu einem neuen Krieg kommen, sollte die Clinton- Administration ihrer jeweiligen Empfehlung nicht folgen. Die Administration hält sich bislang bedeckt. Verteidigungsminister William Cohen und Clintons Sicherheitsberater Berger plädieren zwar für eine Fortsetzung der internationalen Militärpräsenz nach Auslaufen des SFOR-Mandates, hüten sich bislang aber vor detaillierten Festlegungen auf die Beteiligung amerikanischer Soldaten an einer Nachfolgetruppe.

Clintons Sprecher Michael McCurry bekräftigte letzte Woche: „Der Präsident bleibt bei seiner Absicht, den Zeitplan für den Abzug der US-Truppen bis zum 30. Juni 1998 zu erfüllen.“ Über die Zeit danach gibt es lediglich die Feststellung von Verteidigungsminister Cohen, „daß die internationale Gemeinschaft ein langfristiges Interesse an der Erhaltung des Friedens auf dem Balkan“ habe. Dahinter steht die taktische Sorge, durch zu frühzeitige Festlegungen die Zahl der Skeptiker und Gegner im Kongreß noch zu erhöhen. Diese sind zwar mehrheitlich bei den Republikanern, aber auch unter den Demokraten zu finden. Grundsätzliche isolationistische Haltungen und die Angst vor einem zunehmenden Risiko für die US-GIs in Bosnien mischen sich dabei mit der Sorge, eine nochmalige Verlängerung der militärischen Präsenz amerikanischer Soldaten in Bosnien könnte sich zum unbefristeten Engagement auswachsen. Dazu kommt die Verärgerung über die von der Clinton- Administration ursprünglich vorgesehenen 2,5 Milliarden Dollar, inzwischen aber bereits auf über 6,5 Milliarden Dollar angestiegenen Kosten für das amerikanische SFOR-Engagement. Schließlich finden sich unter den Skeptikern auch viele, die meinen, jetzt sollten die Europäer die Angelegenheit in Bosnien allein regeln.

Die Administration hat sich noch nicht entschieden, ob sie das Thema Bosnien und SFOR-Nachfolge mit Rücksicht auf die angelaufenen Kongreß-Hearings zum Thema Nato-Erweiterung und die für das Frühjahr geplante Entscheidung über diese Frage herunterspielen oder erst recht offensiv angehen soll. Die New York Times und der renommierte Washington Times-Kolumnist Richard Cohen empfahlen Clinton in den letzten Tagen die offensive Variante. „Eine USA, die in Bosnien den Schwanz einzieht, kann nicht glaubwürdig für eine Erweiterung der Nato eintreten“, schrieb Cohen. Und für die New York Times sind „Bosnien und die Erweiterung der Nato zwei Teile des selben Puzzles“.

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