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Haushaltssperre zum Neujahrstag

■ Um das durch die jüngste Steuerschätzung aufgeklaffte Finanzloch zu stopfen, müssen voraussichtlich die Ausgaben pauschal gesenkt werden. Dabei würde neue Haushaltssperre unumgänglich. Auch Neuverschuldung

Das kommende Jahr droht gleich mit einer Haushaltssperre zu beginnen. Mit dieser Maßnahme muß Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD) voraussichtlich auf die nach der jüngsten Steuerschätzung aufgeklaffte Lücke von rund 550 Millionen Mark im 98er Haushalt reagieren. Andere Lösungen sind derzeit nicht in Sicht.

Um die 550 Millionen zu erwirtschaften, kann man nach Ansicht von FinanzexpertInnen im Senat nicht auf die Erhöhung anderer Einnahmen – wie aus Vermögensverkäufen oder einer erheblich höheren Nettoneuverschuldung – hoffen. Also muß die Finanzsenatorin und mit ihr die Große Koalition wieder die Ausgaben beschneiden. Da man zum jetzigen Zeitpunkt während der abschließenden Beratungen über den Haushalt 98 im Parlament jedoch nicht kurzfristig einzelne Sparposten definieren kann, wird der totale Kassenschluß möglicherweise unumgänglich.

Die jetzt fehlenden Millionen würden als Ausgabensenkung auf die einzelnen Ressorts und auf die Bezirke verteilt. Bis Ressorts und Bezirke ausgewiesen haben, an welchen Posten sie ihre Ausgaben senken können, bliebe die Haushaltssperre dann bestehen. FinanzexpertInnen rechnen damit, daß dies bis Ende Januar oder Februar vollzogen sein könnte.

Wenn der Koalitionsausschuß in der nächsten Woche zusammentritt, werden die Spitzen von SPD und CDU über eine Doppelpackung reden müssen: Pauschale Minderausgaben gekoppelt an eine geringfügige Erhöhung der bisher fixierten Nettoneuverschuldung. Zwar ist die Neuverschuldung des Landes im Haushaltsstrukturgesetz bereits fixiert, aber eine gesetzliche Neuregelung in begrenztem Maßstab wird derzeit nicht mehr ausgeschlossen.

Die bereits diskutierte Erhöhung der Einnahmen nennen Finanzexperten unrealistisch. Weder könne man ad hoc statt 6,1 Milliarden Mark nun 6,6 Milliarden Mark durch Vermögensverkäufe erzielen, noch kurzfristig eine Umverteilung der Steuereinnahmen zwischen Bund und Ländern erreichen. Dies geht nur über die Veränderung von Bundesgesetzen.

Dennoch hat der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen die Vermögensaktivierung und die Nettoneuverschuldung anvisiert, um Einnahmen zu erhöhen. Eine Erhöhung von Gebühren oder Steuern auf Landesebene lehnte er ab. Auch der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Volker Liepelt, befürwortet den Weg über das Vermögen und die Neuverschuldung. Die von Rechnungshofpräsident Grysczyk geforderte pauschale Gehaltskürzung im öffentlichen Dienst lehnt Liepelt ebenso wie der Dienstherr der Beamten, Innensenator Schönbohm (CDU), ab.

Der Streit mit der SPD ist bereits programmiert: SPD-Haushaltsexperte Klaus Wowereit sagte gestern, die Erhöhung der Nettoneuverschuldung komme nicht in Frage. Die technische Lösung des praktischen Problems läge in den pauschalen Minderausgaben. Aber auch die Verteilung dieser Kürzungen wird bestimmt für Ärger unter den Koalitionären sorgen. Denn damit beginnt das Tauziehen um beispielsweise Wohnungsbauförderung oder Krankenhausfinanzierung erneut.

Unter erschwerten finanzpolitischen Vorzeichen geht die SPD damit morgen in die vermögenspolitische Debatte auf ihrem Parteitag. Dort sollen die GenossInnen den Weg für Vermögensveräußerungen frei machen. Umstritten ist in der SPD der Weg der Vermögensveräußerungen bei den Wohnungsbaugesellschaften ebenso wie bei Gasag und den Wasserbetrieben. Barbara Junge

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