„Laßt euch nicht über den Tisch ziehen“

■ Beim Sport- und Erholungszentrum in Friedrichshain geht die Suche nach einem Käufer in eine neue Runde. Ehemaliger Münchner Oberbürgermeister warnt vor bisherigem Favoriten

Die Karten beim Verkauf des Sport- und Erholungszentrums (SEZ) im Friedrichshain werden derzeit neu gemischt. Neben der Münchener Immobilienfirma DIBAG, die den Zuschlag für den symbolischen Preis von einer Mark bekommen sollte, verhandelt der Senat nach der taz vorliegenden Informationen derzeit wieder mit anderen Partnern. Dem Vernehmen nach hat die DIBAG Nachforderungen gestellt, die der Senat nicht akzeptieren kann. Der Sprecher der Finanzverwaltung, Frank Zimmermann, wollte dies nicht bestätigen, erklärte aber: „Wir privatisieren nicht um jeden Preis.“

Der bislang vereinbarte Vertrag käme das Land Berlin teuer zu stehen. Die Sportverwaltung sollte fünf Millionen Mark an die DIBAG zahlen, weil die SEZ- Übernahme für die DIBAG mit erheblichen Verlusten verbunden sein soll. Das Land sollte darüber hinaus ein Jahr lang die Personalkosten für einen Teil der übernommenen Mitarbeiter sowie im Falle der Kündigung deren Abfindungen tragen. Wenn die SEZ-Mitarbeiter nach der Privatisierung nicht zur DIBAG gehen wollen, sondern in den Personalüberhang des öffentlichen Dienstes, dann würde dies das Land Berlin bis zu 14 Millionen Mark kosten. Und noch weitere ein bis drei Millionen Mark sollte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung berappen, wenn die DIBAG bei den Umbauten auf dem Gelände einer ehemaligen Schutthalde auf Schadstoffe im Boden gestoßen wäre.

Die Privatisierung des SEZ wird von der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain und vom SEZ-Personalrat abgelehnt. In den Augen der Friedrichshainer Bezirksverordneten wird mit dem SEZ auch ein Stück Identität für den ganzen Berliner Osten verkauft. Sie halten es für möglich, das SEZ mit geringen öffentlichen Zuschüssen als öffentlich-rechtlichen Betrieb zu führen. Die bisherigen finanziellen Verluste sind in ihren Augen Resultat eines Mißmanagements. Weil der Senat auf eine rasche Privatisierung setze, seien langfristige Konzepte des Hauses seit Jahren auf Eis gelegt. In diesem Schwebezustand könne es nicht einmal gelingen, leerstehende Büroräume im SEZ zu vermieten, für die es durchaus Interessenten gebe.

Die BVV hatte im April den derzeitigen Bauzustand des SEZ festschreiben lassen. Damit will sie verhindern, daß weitere öffentlich zugängliche Erholungsflächen durch einen Investor ohne BVV- Votum bebaut werden.

Das DIBAG-Konzept sieht hingegen den Abriß des für den Berliner Osten einmaligen Eislaufkomplexes „Polarium“ vor, an dessen Stelle ein Sportkaufhaus sowie Ausstellungsräume entstehen sollen. Später will die DIBAG zwar wieder einen Eislaufkomplex errichten, doch feste Zusagen stehen noch aus.

Der Friedrichshainer SPD-Bezirksverordnete Eckehart Ehrenberg traut dieser unverbindlichen Zusage nicht. Ihm sind zahlreiche Beispiele bekannt, wo sich die Münchener Immobilienfirma nicht an Zusagen gehalten habe. So kaufte sie einst in Bayern das Wohnungsbauunternehmen „Neue Heimat“ auf und sagte zu, dieses nicht weiterzuveräußern. Inzwischen wurden aber ein Drittel dieses Bestandes verkauft. Der ehemalige Münchener SPD-Oberbürgermeister Georg Kronawitter warnte seine Berliner Genossen in einem Brief vor Geschäften mit der DIBAG und ihrem Hauptaktionär Alfons Doblinger. „Seid vorsichtig! Doblinger wird alles versprechen, was zielführend ist, und nichts halten. So war es bei uns! Laßt euch nicht über den Tisch ziehen!

Ähnliche Erfahrungen machten die Hellersdorfer Bezirksverordneten vor zwei Jahren. Die Immobilienfirma hatte dem Vorsitzenden des für Grundstücksveräußerungen zuständigen Ausschusses, Klaus Dahler (PDS), zufolge den Zuschlag für das Grundstück Zossener Straße/Ludwigsfelder Straße bekommen. Dahler: „Danach bestand die DIBAG auf Nachverhandlungen. Sie wollte sowohl den Kaufpreis drücken als auch die in der Ausschreibung vorgesehene Jugendfreizeiteinrichtung streichen.“ Die Hellersdorfer BVV will mit der DIBAG keien Geschäfte mehr machen.

Auf einem DIBAG-Grundstück in Marzahn soll ein Existenzgründerzentrum für Berliner Vietnamesen entstehen. Daran besteht ein dringender Bedarf. Dennoch haben bislang nur wenige Vietnamesen die Mietverträge mit der von der DIBAG beauftragten Zwischenvermieterfirma unterschrieben. Die Mietverträge sind auf zehn Jahre angelegt. Kaum ein Vietnamese, der bislang nur ein befristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland hat, ist jedoch in der Lage, Verpflichtungen für zehn Jahre einzugehen. Zudem: Das Baurisiko sollen die Endmieter mit tragen. Falls der Bauantrag nicht genehmigt wird, bekommen sie nach einem der taz vorliegenden Mustermietvertrag die im voraus gezahlte Kaution nicht zurückerstattet.

Der SEZ-Personalrat befürchtet, daß auch die Einheit seines Hauses durch Zwischenerwerber zerstört werden soll. Die Berliner Prokuristin der DIBAG, Gabriele Benz, hätte bereits potentiellen Interessenten das Haus gezeigt, weiß Personalrat Günter Fasel zu berichten. Für die Zerstückelung spricht seiner Meinung nach auch, daß die DIBAG zwar zusagte, 130 von derzeit 207 Beschäftigten zu übernehmen, dafür aber noch kein Konzept vorlegte. Fasel: „Wir wissen nicht, ob Geschäftsführung, Gastronomie, Bäderbetrieb oder Technikbereich fortgeführt werden. Die DIBAG drückt sich vor konkreten Aussagen.“ Marina Mai