Ex-US-Finanzminister wird Museumsdirektor

■ Nach dem Berliner Streit um das Jüdische Museum hat der Kultursenator den Ökonomen Michael Blumenthal an die Spitze des Projektes gesetzt. Konzeptionell hat er nicht viel zu sagen

Berlin (taz) – Das Jüdische Museum zu Berlin bekommt einen neuen Direktor. Nachfolger des nach heftigem Streit um die Konzeption fristlos entlassenen Direktors Amnon Barzel wird der frühere US-Finanzminister Michael W. Blumenthal. Mit der Ernennung Blumenthals entscheidet sich Kultursenator Peter Radunski (CDU) dafür, einen repräsentativen Elder statesman an die Spitze des Projektes zu stellen. Die konzeptionelle Führung des Museums im Aufbau bleibt damit de facto in den Händen der bereits berufenen Expertenkommission um den Architekten Daniel Libeskind.

Der heute 71jährige Blumenthal, der das Museum bis zu seiner Eröffnung im Jahr 1999 als Interimsdirektor leiten wird, ist Sohn eines jüdischen Berliner Textilhändlers. Er wurde am 3. Januar 1926 in Oranienburg geboren und emigrierte 1939 nach Schanghai, nachdem sein Vater mehrere Monate im KZ Buchenwald interniert gewesen war. Nach dem Krieg wanderte Blumenthal 1947 in die Vereinigten Staaten aus und wurde dort 1952 Staatsbürger. 1961 holte Präsident John F. Kennedy den Volkswirtschaftler als Wirtschaftsexperten ins State Departement, von 1977 bis 1979 war Blumenthal Finanzminister unter Präsident Jimmy Carter. Seinen Ruf erwarb sich Blumenthal jedoch im wesentlichen als einer der erfolgreichsten Industriemanager der US-Wirtschaftsszene.

Der Sprecher der Berliner Kulturverwaltung, Axel Wallrabenstein, betonte gestern, Blumenthal besitze die nötige Sensibilität und das administrative Geschick, das Jüdische Museum „endlich in ruhigere Bahnen zu lenken“. Er sei „kein Museumsmann“, so Wallrabenstein, „aber dafür haben wir ja die Konzeptkommission“. Von dem neuen Museumsdirektor erwarte man vielmehr die internationale Beachtung.

Blumenthal bringe durch seine Emigration enge Kontakte zu den Jüdischen Gemeinden in den USA ebenso mit wie feste Bande mit der Jüdischen Gemeinde Berlins. Auch erhoffe man sich, daß Blumenthal über seine Kontakte wichtige Ausstellungsstücke gerade aus den USA nach Berlin bringen könne. „Wie es der bisherige Direktor Amnon Barzel ja versprochen hatte“, so Wallrabenstein. Vor zwei Wochen hatten sich der Senat, die Jüdische Gemeinde und die Akademie der Künste auf eine Teilautonomie des Jüdischen Museums innerhalb der Stiftung Stadtmuseum Berlin geeinigt. Zugleich hatten die Beteiligten beschlossen, die Konzeption der Eröffnungsausstellung des Museums der mit Experten besetzten Konzeptkommission um Libeskind zu überlassen. Vorausgegangen war dieser Einigung ein wütender Streit um die Unabhängigkeit des Museums. Dessen Gründungsdirektor Barzel hatte auch deshalb seinen Posten räumen müssen. Blumenthal will seine neue Stelle „so schnell wie möglich“ antreten, ein Termin steht noch nicht fest. Barbara Junge