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AnalyseBukarester Ultimatum

■ Demokraten wollen Regierung kippen, aber in der Koalition bleiben

Die Krise der rumänischen Regierung, die seit Jahresbeginn andauert, hat eine überraschende Wende genommen. Am Dienstag abend kündigte die Demokratische Partei, der zweitgrößte Koalitionspartner, an, daß sie der Regierung unter Victor Ciorbea das Vertrauen entzieht. Zugleich aber sprach sie sich dafür aus, die Koalition fortzusetzen, und betonte, daß sie Mitglied dieser Koalition bleibt. Die Auflösung dieses Widerspruches liegt in den Bedingungen, die die Demokraten stellen: Sie verlangen einen neuen Ministerpräsidenten, eine neue Zusammensetzung der Regierung und ein neues Regierungsprogramm – und zwar bis Ende März. Andernfalls würden sie die Koalition verlassen.

Es ist nicht leicht, die Räson und Logik dieses verwaschenen Ultimatums zu begreifen. Denn es ist ein Ultimatum, das sich Rumänien nicht leisten kann. Das Land braucht dringend harte Wirtschaftsreformen. Und stabile politische Verhältnisse, denn es hofft auf eine Integration in Nato und EU. Jedes Zögern kann nur einen Rückschritt bedeuten. Vor vierzehn Monaten kam, nach sieben Jahren eines neokommunistisch-ultranationalistischen Regimes, die demokratische Opposition an die Macht und mit ihr eine christdemokratisch-liberal-sozialdemokratische Regierung.

Sie verkündete entschlossen ihren Willen zu Wirtschaftsreformen und Demokratisierung, zur Dezentralisisrung und Lösung der Minderheitenprobleme, zum Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität, zum Aufräumen mit der Securitate-Vergangenheit. Fast nichts davon wurde umgesetzt. Es gibt viele Gründe dafür. Die neuen Machthaber verfügen über wenig Regierungserfahrung, ihre politischen Vorstellungen unterscheiden sich zum Teil erheblich. Und: Die Hinterlassenschaft der Ceaușescu-Diktatur und des postkommunistischen Iliescu-Regimes ist katastrophal.

All die guten Gründe lassen sich vielleicht auf eine Ursache zurückführen, den der jüdisch-rumänische Schriftsteller Mihail Sebastian in den dreißiger Jahren so beschrieben hat: „Nichts ist ernst, nichts ist schwerwiegend, nichts ist wahrhaft in dieser Kultur der lächelnden Pamphletisten. Vor allem ist nichts unvereinbar. In der Kultur wie im Parlament beschimpfen sich die Leute auf der Tribüne und versöhnen sich am Buffet. Der Kompromiß ist die Blume der Gewalt.“

So kommt es, daß fast alles ohne Konsequenzen möglich ist: Daß ein Staatschef „Landesverräter“ genannt werden darf. Daß Regierungsmitglieder, die auf die republikanische Verfassung schwören, die Wiedereinführung der Monarchie fordern. Daß ein Minister zurücktritt und sofort wieder nominiert wird. Oder eben: Daß eine Partei den Rücktritt der Regierung verlangt, ohne selbst aus ihr auszutreten. Keno Verseck

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