: Die Aussichten für eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts werden täglich geringer. Die Vermittlungsreise von UN-Generalsekretär Kofi Annan nach Bagdad wußten die USA zu verhindern. Währenddessen erwacht in Amerika die Friedensbewegung zu
Die Aussichten für eine friedliche Lösung des Irak-Konflikts werden täglich geringer. Die Vermittlungsreise von UN-Generalsekretär
Kofi Annan nach Bagdad wußten die USA zu verhindern. Währenddessen erwacht in Amerika die Friedensbewegung zu neuem Leben
USA: Vermittlung nicht erwünscht
Die Idee hielt nur kurz. Am Dienstag morgen noch wurde von Rußland eine Vermittlungsreise von UN-Generalsekretär Kofi Annan nach Bagdad angekündigt. Am Dienstag abend wurde die Absicht von Annans Sprecher bereits wieder dementiert. Dazwischen lag eine Sitzung der fünf ständigen Ratsmitglieder mit dem Generalsekretär, auf der sich Annan einen „Sprechzettel“ für Vermittlungsgespräche mit der irakischen Führung absegnen lassen wollte. Annans Vorschläge zielten darauf ab, Saddam Hussein im Streit um Zugangsrechte für die Waffeninspektoren der UNO-Sonderkommission (Unscom) einen Rückzug von bisherigen Positionen unter Wahrung des Gesichtes zu ermöglichen. Unter anderem wollte der Generalsekretär Bagdad anbieten, daß die 78 Anlagen zunächst nicht von der Unscom, sondern von einer eigens neugegründeten Untersuchungskommission inspiziert werden. Keiner der Vorschläge Annans hätte die völkerrechtliche Grundlage für Inspektionen (Resolution 687 des Sicherheitsrates vom 3. April 91, die Irak zur Zerstörung seiner Massenvernichtungsarsenale und Produktionsanlagen verpflichtet) relativiert. Das aus dieser Resolution abgeleitete und von Washington und London betonte Recht der Unscom auf „uneingeschränkte“ und „bedingungslose“ Zugangsmöglichkeiten wird auch in Annans Vermittlungsvorschlägen aufrecht erhalten. Auf dieser Basis erteilte auf der Sitzung am Dienstag neben Rußland, Frankreich und China am Dienstag auch Großbritannien grünes Licht für den Annan-Trip nach Bagdad. Allein die USA legten sich quer.
Auf die Frage, ob – wie von den USA und seit der Reise von Premierminister Tony Blair nach Washington auch von Großbritannien behauptet – die völkerrechtliche Grundlage für militärische Maßnahmen gegen Irak gegeben sei, verweigern der UNO-Generalsekretär und seine Sprecher jede Auskunft. Dies festzustellen sei „allein Sache des Sicherheitsrates“. Allerdings könnten der Rat oder einzelne Mitgliedsstaaten, die mit der Position der USA und Großbritanniens nicht übereinstimmen, den Generalsekretär nach seiner Interpretation der UNO-Charta und den Irak-Resolutionen des Rates befragen. Annan würde dann ein Gutachten seiner Rechtsabteilung einholen. Doch bis jetzt hat keines der 15 Ratsmitglieder ein solches Ersuchen an Annan gerichtet. Der UNO-Botschafter Rußlands hat nach Angaben seiner Diplomaten gegenüber der taz bislang „keine entsprechende Anweisung aus Moskau erhalten“. Und dies, obwohl Rußlands Präsident Boris Jelzin seit Ende Januar zweimal erklärte, für militärische Maßnahmen gegen Irak gebe es „keine völkerrechtliche Grundlage“ und sie bedürften „einer neuen Resolution des Sicherheitsrates“.
Die USA begründen ihre Position mit einer Verknüpfung aus drei Rats-Resolutionen: Am 2. August 1990, dem Tag der irakischen Besetzung Kuweits, forderte der Rat Bagdad in Resolution 660 zum „unverzüglichen und bedingungslosen Rückzug“ seiner Streitkräfte auf. Nach zehn weiteren ergebnislosen Resolutionen verlangte der Rat am 29. November 1990 in Resolution 678 vom Irak erneut „die Erfüllung von Resolution 660 und aller dazu später verabschiedeten Resolutionen“, setzte eine Frist bis zum 15. Januar 1991 und ermächtigte die UNO- Mitgliedsstaaten, danach „alle erforderlichen Mittel einzusetzen, um der Resolution 660 und allen dazu später verabschiedeten Resolutionen Geltung zu verschaffen“. Obwohl mit dem Ende des Golfkrieges der Rückzug Iraks aus Kuweit und damit das Ziel von Resolution 660 erreicht war, bezieht Washington die Formulierung dazu später und damit auch die Ermächtigung zu militärischen Maßnahmen aus Resolution 678 auch auf die Irak-Resolutionen, die noch nach 678 verabschiedet wurden; besonders auf die Resolution 687 vom 3. 4. 1991, in deren Präambel die 13 Irak-Resolutionen 660 bis 686 noch einmal bekräftigt werden. Andreas Zumach, Genf
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