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Ohne Paß keine Sozialhilfe

■ Sozialsenatorin und Innenverwaltung weisen Sozialämter an, auf ausreisepflichtige Flücht- linge Druck auszuüben und Zahlungen einzustellen. Stadträtin Schmiedhofer: "Rechtswidrig"

Die Sozialämter sollen an ausreisepflichtige Flüchtlinge ohne gültigen Paß keine Sozialhilfe mehr auszahlen. Dies haben Sozialsenatorin Beate Hübner (CDU) und die Innenverwaltung in einem gemeinsamen Rundschreiben vom 4. Februar den Sozialämtern mitgeteilt. Mehrere Sozialämter folgen dieser Direktive bereits. In der Stadt gelten rund 40.000 Menschen als ausreisepflichtig.

Die Sozialämter Charlottenburg und Hohenschönhausen fordern Betroffene seit Mitte Februar auf, binnen vier bis sechs Wochen einen Paß vorzulegen. Sonst würden ihnen sämtliche Leistungen entzogen. Die Flüchtlinge haben sich gegenüber der Ausländerbehörden mit Geburtsurkunden oder alten Pässen ausgewiesen.

In diesen Bezirken mußten bereits die ersten Kosovo-Albaner aus den Flüchtlingswohnheimen ausziehen und bekommen kein Geld. Dabei ist der Innenverwaltung seit langem bekannt, daß Kosovo-Albaner wegen ihrer ethnischen Diskriminierung von der Belgrader Regierung keine Pässe ausgestellt bekommen.

Besonders pikant: Die meisten vom Sozialhilfeentzug Bedrohten stammen aus dem Kosovo. Für Abschiebungen nach Jugoslawien werden Pässe gar nicht benötigt.

„Die Sozialämter werden gezwungen, ordnungspolitisch tätig zu werden“, kritisiert Wilmersdorfs bündnisgrüne Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer. Seit Januar muß die Ausländerbehörde einem Richterspruch des Bundesverwaltungsgerichtes folgen und denjenigen Füchtlingen eine Duldung ausstellen, die nicht abgeschoben werden können.

In den Duldungen, so Schmiedhofer, wird über ein Codewort ausgedrückt, ob die abgelehnten Asylbewerber und Flüchtlinge bei ihrer Ausreise mithelfen würden. „Bei denen, die nicht mithelfen, sollen wir durch Leistungsverweigerung die Mithilfe erwirken.“

Schmiedhofer hält die Aufforderung für rechtswidrig. Auch ihre SozialamtskollegInnen Uwe Klett (PDS) aus Hellersdorf und Ingeborg Junge-Reyer (SPD) aus Kreuzberg boykottieren die Senatsweisung. Junge-Reyer: „Es ist bei uns guter Brauch, Vorlagen der Senatorin zu lesen und sie einer eigenen Bewertung zu unterziehen.“ Eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes wird voraussichtlich im Mai abgestimmt. Erst dann wäre das Berliner Vorpreschen bundesrechtlich gedeckt.

Rechtsanwalt Ralf Fischer, der einen betroffenen Kurden vertritt, begründet die Rechtswidrigkeit des Anliegens. „Es heißt in der Rechtssprechung eindeutig, daß sich Sozialämter zu aufenthaltsrechtlichen Fragen der Stimme enthalten sollen.“ Marina Mai

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