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Gerhard Freys DVU kippelt in Schwerin

Heute entscheidet der Landeswahlausschuß in Mecklenburg-Vorpommern, ob die DVU zur Landtagswahl kandidieren darf. Innerparteiliche Gegner erheben schwere Vorwürfe an der Kandidatenaufstellung  ■ Aus Berlin Severin Weiland

Für den Pressesprecher der rechtsextremen DVU, Bernd Dröse, ist es schlichtweg eine Kampagne. Nach den 12,9 Prozent für die DVU im April bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt „versucht man nun, alle Register gegen uns zu ziehen“. Was Dröse und die DVU-Zentrale in München erzürnt, sind gleich fünf Widersprüche von Parteimitgliedern gegen die Kandidatenaufstellung in Mecklenburg-Vorpommern, über die heute der Landeswahlausschuß in Schwerin zu entscheiden hat. Dröse ist sich sicher: „Alles ist korrekt verlaufen.“

Das sehen einige der Antragsteller ganz anders. Etwa Friedrich-Wilhelm Fischer, der an der Kandidatenaufstellung am 18. Juli teilnahm. Stimmt das, was der Westdeutsche aus dem Ostseebad Zingst schriftlich dem Landeswahlleiter mitgeteilt hat, könnte der DVU heute die Zulassung zur Landtagswahl in Mecklenburg- Vorpommern am 27. September verweigert werden. Dabei haben die Mitglieder des sechsköpfigen Ausschusses zu prüfen, ob gravierende Fehler unterlaufen sind.

In der Tat spricht einiges dafür – zumindest, wenn man der Darstellung Fischers folgt. Bei der Kandidatenwahl hätten neben ihm mindestens zwei weitere Personen mitgestimmt, die zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in der DVU gewesen seien. Auch habe der Chef der DVU, der Münchener Verleger Gerhard Frey, die Liste der Kandidaten in einem Nebenraum des Versammlungslokals in Neustadt- Glewe einfach festgelegt und danach bis Platz 25 verlesen. Eine Vorstellung sei nicht erfolgt, die Kandidaten hätten sich bei Anruf Freys nur von ihren Plätzen erhoben, und auch bei der vermeintlich verdeckten Stimmabgabe habe er das Wahlverhalten anderer Teilnehmer beobachten können.

„Ich habe acht Tage gebraucht, um das System DVU zu durchschauen“, behauptet Fischer gegenüber der taz. Solange nämlich war der 50jährige, von Beruf beratender Ingenieur für Bauwesen, Mitglied der Partei Freys. In dieser kurzen Spanne brachte er es gar in den DVU-Vorstand. Doch nachdem er sich in München über die Art der Kandidatenaufstellung beschwerte, wurde er prompt ausgeschlossen. Seitdem die Wahl der Kandidaten ruchbar wurde – zunächst durch anonyme Schreiben an diverse Medien –, entdeckt die DVU plötzlich die Vergangenheit ihrer parteiinternen Gegner. So versuchte sie die Glaubwürdigkeit von Manfred Dumm, der als DVU-Vorständler wegen der Kandidatenaufstellung ein Parteiausschlußverfahren gegen Frey beantragt hat, zu erschüttern, indem sie dessen Vergangenheit als „SED-Funktionär“ offenlegte. Darüber kann Fischer nur lachen. Dumm habe das nie bestritten, sei zuletzt in der DDR Assistent des Direktors der damaligen Volkswerft Stralsund gewesen. „Mein Gott“, sagt Fischer, „hier im Osten waren doch viele in der SED, daraus einen Vorwurf zu machen, ist doch einfach nur lächerlich.“

Fischer selbst wurde von der DVU als „schlechtbeleumdeter Waffenhändler“ tituliert, der selbst gerne Kandidat geworden wäre. Dabei muß bei der DVU allerdings einiges durcheinandergeraten sein. Einen Waffenhändler gibt es zwar in der Familie Fischer, aber er heißt nicht Friedrich-Wilhelm, sondern Ted-Michael und ist dessen 26jähriger Sohn, Inhaber eines Sport- und Jagdwaffengeschäfts in Zingst. Und Kandidat, sagt Fischer, „hätte ich in dieser Kostellation von Leuten, die da jetzt aufgestellt wurden, gar nicht werden wollen“. Die seien „einfach zu dumm“. Warum es Fischer ausgerechnet zur DVU drängte, wird auch so recht nach einem Gespräch nicht klar. Er sei über die Landesregierung enttäuscht, sagt er, um dann einzuflechten, daß er als „Wertkonservativer“ wohl eher zur CDU gehöre, „wenn diese Partei noch so wäre wie vor 20 Jahren“. Aber mit der „Deutschtümelei“ eines Frey, „diesem schlechten Verschnitt eines Demagogen“, wolle er nichts zu tun haben. Er habe geglaubt, die DVU „reformieren“ zu können, hin zu einer „auf der Verfassung basierenden Partei“.

Wer die Szenerie des Kleinkriegs in der DVU Mecklenburg- Vorpommerns betrachtet, kommt aus dem Kopfschütteln nicht heraus. Fischer Senior wurde aus der DVU ausgeschlossen, sein jüngster Sohn Ken-Phil (23) ist hingegen Kandidat auf jener DVU-Liste, die der Vater anfechten will – allerdings auf dem aussichtslosen Platz 23.

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