: Tödliches Schweinedoping wird verboten
Nach Todesfall stellen dänische Schweinezüchter die Fütterung mit Antibiotika ein. Eine Frau war an Fieber gestorben, weil Salmonellen gegen Antibiotika immun waren. Fütterung in Deutschland weiter erlaubt ■ Von Reinhard Wolff
Kopenhagen (taz) – Die dänischen Schweinezüchter wollen künftig völlig auf den Einsatz von Antibiotika im Tierfutter verzichten. Wie der Chef des Züchterverbandes, Kai Skaaning, gestern in Kopenhagen mitteilte, sei die freiwillige Entscheidung eine Reaktion der Landwirte auf die Meldung vom ersten Todesfall in dem Land durch Verzehr von Schweinefleisch mit dem gegen Antibiotika resistenten Salmonellenstamm DT 104.
Der Verband erwartet als Gegenleistung von der Regierung, daß sie durch scharfe Grenzkontrollen die Einfuhr der gefürchteten Salmonelle DT 104 verhindere. Zudem müsse der Staat mögliche Notschlachtungen bezahlen. Die Regierung will ein umfassendes Verbot von Antibiotika zur Wachstumsförderung beschleunigt im Parlament einbringen.
Hintergrund ist der Tod einer 62jährigen Frau, die nach dem Verzehr von Schweinefleisch gestorben war. Das Tier war nachweislich mit antibiotikahaltigem Futter aufgezogen worden. Die Frau war mit hohem Fieber an schwerer Diarrhöe erkrankt. Obwohl sofort im Krankenhaus mit mehreren Breitbandantibiotika behandelt, starb sie. Wie sich herausstellte, war sie an Salmonellen vom Typ DT 104 erkrankt.
„Die Ärzte, die sie behandelten, hatten keine Chance, dies rechtzeitig zu wissen“, so Kåre Mölbak vom staatlichen Serum-Institut in Kopenhagen: „Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen ihrem Tod und dem Schweinefutter.“ Der Fall mache klar, wie real die Gefahr sei, daß resistente Bakterienstämme von Tieren auf Menschen überführt werden: „Ganz klar ist die großzügige Gabe von Antibiotika in der Landwirtschaft das Übel.“
Eine Einschätzung, die Susanne Stärnberg von der schwedischen staatlichen veterinärmedizinischen Anstalt (SVA) teilt: „Die stetige Antibiotika-Zufuhr über das Futter in extrem kleinen Dosen läßt die Bakterien resistent werden.“
Am Rande der EU-Konferenz zur „Antibiotika-Gefahr“, die derzeit in Kopenhagen läuft, wurde gewarnt, daß derartige Todesfälle bald an der Tagesordnung sein könnten. In Dänemarks Landwirtschaft wurden im letzten Jahr allein laut offizieller Statistik 50 Tonnen Antibiotika zur Behandlung – angeblich – akuter Krankheitszustände verabreicht, weitere 100 Tonnen zum offen erklärten Zweck, die Tiere schneller zum richtigen Schlachtgewicht hochzufüttern. Im Gegensatz zu Dänemark hat Schweden seit 1986 ein Totalverbot für Antibiotika im Stall, das die Schweden auch gegen die EU durchsetzen wollen. In Deutschland dagegen ist die Fütterung von Antibiotika grundsätzlich erlaubt.
DT 104, das der 62jährigen Dänin zum Todesurteil wurde, ist kein dänisches Spezialproblem. Wie die dänische Veterinärbehörde bekanntgab, war allein im August innerhalb von zwei Wochen DT-104- haltiges Fleisch bei Stichproben in französischem Truthahn- und Hähnchen- sowie in aus Deutschland eingeführten Schweinefleisch festgestellt worden. Dänemarks Landwirtschaftsminister Henrik Dam Kristensen kündigte an, das Thema DT 104 ganz oben auf die Tagesordnung setzen zu wollen, wenn sich die EU-LandwirtschaftsministerInnen das nächste Mal am 28./29. September treffen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen