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Krupp-Thyssen hängt

■ Gerichtsverfahren verzögern weiter offiziell die Stahlfusion. Wer war der Verräter?

Düsseldorf (dpa/rtr) – Mit einem Investitionsprogramm für zehn Milliarden Mark in den kommenden drei Jahren will der neue Thyssen-Krupp-Konzern an den Start gehen, berichteten die Konzernchefs von Krupp und Thyssen, Gerhard Cromme und Ekkehard Schulz, gestern in Düsseldorf.

Mit der Fusion sollte eigentlich mit Wirkung zum 1. Oktober 1998 Deutschlands fünftgrößter Industriekonzern mit 70 Milliarden Mark Umsatz und 172.000 Beschäftigten entstehen – noch stehen dem offiziellen Ereignis jedoch Anfechtungsklagen von Aktionären gegenüber. Die werden die Fusion wohl nicht verhindern, aber verteuern: Krupp-Chef Cromme bezifferte die monatlichen Kosten einer Verzögerung durch die Klagen auf 40 Millionen Mark. Die Landgerichte in Duisburg und Essen hätten bereits kurzfristig Termine für die Behandlung der Klagen angesetzt. Doch sei ein Gang vor das Oberlandesgericht möglich.

Spannend wird auch die Frage, wer damals den ersten Anlauf von Krupp zur feindlichen Übernahme von Thyssen verraten hat. Krupp wollte im Frühjahr 1997 den Konkurrenten schlucken. Doch Thyssen bekam frühzeitig Wind davon und konnte so mit Hilfe einiger Banken die Übernahme abwenden. Schließlich mündete die ganze Aufregung in Gespräche über eine einvernehmliche Fusion.

Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung von gestern hat Thyssen-Aufsichtsratschef Heinz Kriwet die ersten Informationen über die geplante feindliche Übernahme vom nordrhein-westfälischen Finanzminister Heinz Schleusser enthalten. Sollte sich dies bestätigen, würden Kriwet weitere Auseinandersetzungen mit dem Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel erspart bleiben. Denn Kriwet hatte sich stets geweigert, von sich aus den Informanten bekanntzugeben.

Zum Zeitpunkt des Übernahmetips an Kriwet war es an der Börse zu erheblichen Bewegungen der Aktienkurse von Thyssen und Krupp gekommen. Das Bundesaufsichtsamt hatte daraufhin Kriwet befragt, wer ihn im März 1997 informiert hat. Doch der Aufsichtsratschef schwieg und mußte bereits zwei Zwangsgelder von jeweils mehreren tausend Mark bezahlen. Nach einem weiteren Zwangsgeld könnte Kriwet sogar in Beugehaft genommen werden.

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