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Rot-grüner Wackelpudding für Trittin im Wendland

■ Bei der BI Lüchow-Dannenberg erntet der Umweltminister vor allem Protest und Skepsis

Dannenberg (taz) – „Minister geworden, Ziel verloren, was nun, Herr Trittin?“ war auf dem Transparent zu lesen, das Umweltminister Jürgen Trittin am Eingang des Dannenberger Schützenhauses empfing. Mit einem guten Dutzend ihrer Traktoren war die wendländische bäuerliche Notgemeinschaft zu beiden Seiten des Eingangs aufgefahren. Sie wollte Trittin zeigen, daß „der nächste Castor nicht durchkommt und die ganze Region dann aufstehen wird“. So kündigte es Landwirt Adi Lambke später im mit 600 Zuhörern völlig überfüllten Saal an.

Viele Zwischenrufe und Pfiffe, aber auch Beifall erntete Trittin in der von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg vorbereiteten, dreistündigen Befragung. Richtig niedergemacht haben die BI und der wendländische Widerstand ihren Gast am Mittwoch abend dennoch nicht, obwohl Trittin auf weiteren Atommülltransporten ins Gorlebener Zwischenlager beharrte. Einig waren sich beide Seiten, die Atomkraft als „Technologie, die möglichst schnell beendet werden muß“, abzulehnen.

Schon in den Geschenken drückte sich allerdings die Skepsis gegenüber dem Gast aus: Am Anfang erhielt Trittin einen Strauß verdorrter Sonnenblumen, am Ende einen rot-grünen Wackelpudding. Wenn Trittin von Ausstieg sprach, riefen die Zuhörer „sofort, sofort, sofort“. Wenn er auf moralische und rechtliche Verpflichtungen insistierte, den Müll aus der Wiederaufarbeitung in Frankreich zurückzunehmen, schallte es „erst abschalten, erst abschalten“ aus dem Saal.

Trittin blieb, abgesehen von seiner Ankündigung, die Erkundung des Gorlebener Salzstocks möglichst zügig zu unterbrechen, in der Sache unerbittlich und machte immer wieder die rechtlichen Zwänge deutlich, denen auch er sich unterworfen sieht. Bei einer Rücknahme von Abfällen aus der Wiederaufarbeitung könne nur Gorleben das Ziel der Transporte sein, denn die Lagerung sei nur dort genehmigt. Er werde sich zwar um so wenig Atommülltransporte wie möglich bemühen, aber Frankreich habe einen festen Zeitplan für die Rückführung der WAA-Abfälle angemahnt.

Ein kleiner Sandsack mit der Aufschrift „Gegen die Atommüllflut“ stand die ganze Zeit auf dem Podium, als BI und Umweltminister miteinander stritten. 20.000 von diesen Säcken hat die BI angeschafft, um mit ihnen beim nächsten Atommülltransport nach Gorleben Schienen und Straßen zu blockieren. „Viel Neues hat es nicht gebracht“, sagte einer der Landwirte, bevor er wieder auf seinen Trecker stieg. Aber es sei deutlich, daß er sich weiter selbst wehren müsse. Jürgen Voges

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