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FDP-Modell Basis des neuen Staatsbürgerrechts

■ Hier geborene Zuwandererkinder erhalten Paß – müssen sich aber mit 23 Jahren entscheiden

Bonn (taz) – Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und die sozialliberale Regierung von Rheinland-Pfalz haben sich gestern auf Eckpunkte einer Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes geeinigt. Die Einführung des Optionsmodells der FDP gilt nun als gesichert, der Doppelpaß werde nicht zum Regelfall, hieß es kurz nach den etwa zweistündigen Gesprächen aus der Mainzer Staatskanzlei. Im Gegenzug soll es zur Vermeidung von Härtefällen „flexible Regelungen geben“, auf die aber nicht näher eingegangen wurde. Der Vorschlag, Ausländern die länger als 30 Jahre hier gelebt oder die Altersgrenze von 60 Jahren überschritten haben, den Doppelpaß zu geben, ist endgültig vom Tisch.

Damit ist der Weg frei, das 85 Jahre alte Abstammungsrecht in ein „Jus soli“ (Bodenrecht) umzuwandeln. Für alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern heißt das: Sie erhalten die deutsche Staatsbürgerschaft, die zusätzlich zu der ihres Herkunftslandes erteilt wird. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß sich mindestens ein Elternteil zehn Jahre rechtmäßig in Deutschland aufgehalten hat. Bis zum 23. Lebensjahr allerdings müssen die Kinder „grundsätzlich für eine der beiden Staatsangehörigkeiten optieren“. Damit soll „das Entstehen einer dauerhaften doppelten Staatsbürgerschaft vermieden werden“, heißt es in dem Gesetzesentwurf.

Die Verhandlungen zwischen Schily und Mainz haben auch eine Fristverkürzung ergeben. In Deutschland lebende Ausländer sollen schon nach 8jährigem Aufenthalt ihre Einbürgerung beantragen können.

Derzeit leben knapp 7,4 Millionen Ausländer in Deutschland. Nach dem ersten Gesetzentwurf der rot-grünen Bundesregierung hätten etwa 4 Millionen einen Einbürgerungsanspruch erhalten. Wie viele es nach der überarbeiteten Fassung sein werden, ist nicht bekannt. Insgesamt haben gegenwärtig rund neun Prozent der Bevölkerung in Deutschland eine fremde Staatsangehörigkeit und damit auch keinen deutschen Paß und kein Wahlrecht in Bund und Ländern. Innenminister Schily wollte die Vereinbarung noch gestern abend der großen rot-grünen Koalitionsrunde in Bonn vorstellen. tde

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