Kommentar: Akademische Nachhilfe
■ Uni-Hitlisten: ein heilsamer Schock
Ein Fortschritt: Kaum ein Professor traut sich noch öffentlich zu sagen, er halte jene Hochschul-Hitlisten für Unfug, die Hamburger und Münchner Magazine seit einiger Zeit veröffentlichen.
Gewiß, die Zahl der Befragten ist meist gering, die Kriterien sind fragwürdig. Doch das Prinzip ist richtig: Hochschulen sind keine entrückten Tempel, in denen die Priester der Wissenschaft nach eigenem Gutdünken walten könnten. Zu ihren Aufgaben gehört neben der Forschung auch die Lehre, und an deren Erfolg müssen sie sich messen lassen.
Dabei sind die Interessen der Studenten durchaus unterschiedlich: Die eine zieht ein praxisorientiertes Studium mit guter Betreuung vor, der andere verlangt Forschungsnähe und große Freiräume. Doch eines hat das jüngste Ranking gezeigt: Die Zahl der Nachwuchsakademiker, die für ein Studium bei den Koryphäen des Fachs über die miserablen Studienbedingungen an Großstadtuniversitäten gerne hinwegsieht, ist geringer als angenommen.
Allein mit dem Verweis auf die miserable Haushaltslage können sich die Universitäten nicht aus der Verantwortung stehlen. Längst nicht an allen Fachbereichen sind die Dozenten so überlastet, daß sie sich um ihre Studenten nicht mehr kümmern könnten. Zwar ist entgegen des verbreiteten Vorurteils kaum ein Professor wirklich „faul“. Im Gegenteil: Das Engagement in der Forschung nimmt bisweilen derart manische Züge an, daß sich die Erinnerung an das reale Leben mit der Zeit verflüchtigt.
Es würde also beiden Seiten helfen, wenn Professoren wie Studenten es sich zur Gewohnheit machten, einen ganz normalen Arbeitstag an der Universität zu verbringen. Verbunden mit einer Reform des akademischen Karrierewegs würde eine solche Professionalisierung des Hochschulalltags künftige Generationen vor einer Deformierung ihrer Persönlichkeitsstruktur bewahren.
Freiwillig werden sich aber die wenigsten Professoren auf eine solche Reglementierung ihres Alltags einlassen. Aber der öffentliche Druck, der von solchen Uni-Hitlisten ausgeht, ist schon ein Anfang. Auch wenn der akademische Fortschritt eine Schnecke ist. Ralph Bollmann
Bericht Seite 23
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