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„Keine Überraschung“

■ Nigerias Ex-Präsident Shonekan über die Unruhen im Niger-Delta und Nigerias Zukunft

Der Geschäftsmann Ernest Shonekan war von August bis November 1993 Präsident Nigerias und fiel dann dem Militärputsch von Sani Abacha zum Opfer. 1996 leitete er ein Komitee, das einen Entwicklungsplan für Nigeria namens „Vision 2010“ erarbeitete. Dieser Plan soll unter dem neuen Präsidenten Olusegun Obasanjo wiederbelebt werden.

taz: In Nigerias Ölfördergebiet sind schwere Unruhen ausgebrochen. Explodieren jetzt die Frustrationen, die sich während der Militärherrschaft anstauten?

Shonekan: Die Leute sind müde wegen der Vergangenheit. Sie wollen Verbesserungen. Als wir uns 1996 zusammensetzten und überlegten, wie Nigeria im Jahre 2010 aussehen soll, wurde deutlich, daß die Bewohner der Ölfördergebiete benachteiligt sind. Daher gibt es seitdem Agitation für Gerechtigkeit. Für mich ist das keine Überraschung. Was wir jetzt sehen, ist Ergebnis der Tatsache, daß es Ungerechtigkeit und Benachteiligung gegeben hat. Wir wollen das korrigieren.

Kann die neue Regierung die hohen Erwartungen der Bevölkerung erfüllen?

Sie ist erst ein paar Wochen im Amt, aber man sieht bereits, daß sie kein „business as usual“ betreibt. Sie fällt harte Entscheidungen, pensioniert hohe Militärs und spricht mit den Leuten des Niger-Deltas. Das Problem ist, daß die Leute das Vertrauen in die Regierungen verloren haben.

Wie kann man es wiederherstellen? Reicht es, einfach zu sagen, daß man sich kümmert?

Natürlich nicht. Die Leute wollen, daß man handelt. Das Gebiet, um das es geht, erwirtschaftet die Deviseneinnahmen Nigerias. Wenn dort die Leute sich erheben, können sie den Reichtum des Landes zerstören. Also müssen sie merken, daß die Regierenden sich um sie bemühen.

Muß es dafür strukturelle Veränderungen der nigerianischen Staatsform geben?

Ich denke, Obasanjo wird die Verteilung der Öleinnahmen verändern. Früher bekamen die Fördergebiete nur drei Prozent der Einnahmen. Jetzt sollen es 13 Prozent werden, und es muß Diskussionen geben, damit das Geld nicht einfach in den Taschen der lokalen Mächtigen verschwindet.

Ist es denkbar, daß die Nigerianer das Vertrauen in die neue Demokratie verlieren, die ja von vielen als „Demokratie der Reichen“ kritisiert wird?

Die Leute wissen, daß Demokratie Gutes bringt. Sie werden enttäuscht sein, wenn die Wirtschaft sich nicht bessert und sie keine Verbesserung ihres Lebensstandards sehen. Aber nicht wegen der Demokratie.

Interview: Dominic Johnson

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