piwik no script img

Scharfe Kritik am Einbürgerungsverfahren

Die von der Innenverwaltung vor der Einbürgerung von Ausländern geplante Regelanfrage beim Verfassungsschutz, stößt auf wenig Gegenliebe. Nach Auskunft von Hans-Georg Lorenz, innenpolitischer Sprecher der SPD, wird eine automatische Anfrage beim Verfassungsschutz von den Sozialdemokraten abgelehnt: „Dazu muss es auf jeden Fall noch Gespräche mit der CDU geben.“ Die Praxis des Landesamtes für Verfassungsschutz erlaube nämlich nicht immer eine genaue Einschätzung – gerade bei politischen Ausländergruppen. „Die V-Leute in diesem Bereich sind nicht immer zuverlässig“ – oft würden interne Machtkämpfe auch mit Hilfe des Verfassungsschutzes ausgetragen, so dass dieser auch mit ungenauen und verfälschten Informationen arbeiten müsse. Als regelrechten Affront gegen die Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes betrachten hingegen die Oppositionsparteien die vorgesehenen Richtlinien. Von einer Überprüfung der Ausländer halte er „gar nichts“, betonte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland. Die Regelanfrage sei ein Instrument des Beamtenrechtes: „Man tut so, als ob die betreffenden Ausländer gleich verbeamtet werden sollen.“ Konsequenterweise müssten künftig auch alle Deutschen „regelmäßig auf ihre Verfassungstreue geprüft werden“, so Wieland. Der migrationspolitischen Sprecher der PDS, Giyas Sayan, sieht gar eine politische Absicht: „Insbesondere die Innenverwaltungen von Berlin und Bayern versuchen alles“, so Sayan, „um die Einbürgerung zu erschweren.“ Genauso unakzeptabel sei auch der vom Bundesinnenministerium vorgesehene Deutschtest, bei dem ein Zeitungsartikel gelesen und wiedergegeben werden muss: „Ein Drittel der Bundesbürger“, ist Sayan überzeugt, „würde diesen Test auch nicht bestehen.“ Ähnlich ist die Stimmung offenbar bei vielen Türken. Dass die Bundesregierung ihnen vor der Einbürgerung einen Sprachtest abverlangt, ohne gleichzeitig Deutschkurse anzubieten, verärgere viele seiner Landsleute, berichtet Hayati Boyacioglu. Der Berliner Redakteur der türkischen Tageszeitung Hürriyet stört sich auch an der vorgesehenen Regel-anfrage beim Verfassungsschutz. „Es wird suggeriert, alle Ausländer seien potenziell kriminell oder verfassungsfeindlich“, findet Boyacioglu. Derzeit habe er den Eindruck, „die Einbürgerung für Ausländer soll nicht erleichtert, sondern erheblich erschwert werden“. taz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen