: Immer weniger wollen auf die Hochschule …
… weil das Studium kompliziert ist, Unigebühren sie abschrecken und das BAföG einfach nicht steigen will
BERLIN taz ■ Laut Prognose des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie steht Deutschland vor einem Studentental. Die Zahl der Studierenden steigt nur kurzfristig auf 1,9 Millionen (2010) – und sinkt dann über 1,8 Millionen (2012) auf etwa 1,6 Millionen (2015).
Als Gründe für die sinkenden Studentenzahlen werden drei Faktoren angeführt: Die abschreckende Wirkung von Studiengebühren, die komplizierte Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse und die lange Stagnation der staatlichen Ausbildungsförderung (BAföG).
Studiengebühren: Die Forscher des Hochschul-Informationssystems (HIS) haben herausgefunden, dass die Furcht vor Studiengebühren ein wesentlicher Grund für die Studienblockade ist. Zwei Drittel der Nichtstudierenden begründen ihr Nein „mit dem Wunsch, möglichst bald finanziell unabhängig zu sein“. Darunter viele, die sich nicht in der Lage sehen, die in immer mehr Bundesländer anfallenden Studiengebühren zu bezahlen.
Bachelor/Master: Die eigentlich zur Beschleunigung geplante Stufung des Studiums in Bachelor und Master führt derzeit eher zu einer Drosselung der Studierendenzahlen. Wegen des höheren Betreuungsaufwandes lassen die Hochschulen weniger Studis in die Bachelorprogramme als in die bisherigen Diplom-/Magisterstudiengänge. Der Zugang zum Master ist stark begrenzt. Zudem gelten die Bachelorgänge oft als kompliziert.
BAföG: Weiterer Grund für den sinkenden Studierendenanteil ist, dass sich der Staat aus der Bildungsfinanzierung zurückzieht. Das neue BAföG-Gesetzentwurf sieht keine Anpassung der Sätze an die gestiegenen Lebenshaltungskosten vor. Seit der letzten Erhöhung 2002 mussten BAföG-Empfänger dadurch einen Einkommensverlust von real zehn Prozent hinnehmen. Betroffen sind besonders Studierende aus niedrigen sozialen Schichten, von denen jeder zweite Anspruchsberechtigte BAföG bezieht.
Wer die Studierendenzahlen aber deutlich erhöhen wollte –was alle, von den Demografen über die OECD bis zu den Arbeitgebern fordern –, müsste genau dieser Klientel finanziell unter die Arme greifen: den einkommensschwachen Studierwilligen. JAN GEORG PLAVEC
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