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Portugiesen stimmen über Abtreibung ab

Bei einem Referendum am Sonntag geht es um die Einführung einer Fristenlösung. Bislang ist ein Schwangerschaftsabbruch verboten. Im Falle einer Mehrheit will die Regierung eine Gesetzesreform einleiten. Rechte und Kirchen sind dagegen

AUS MADRID REINER WANDLER

Am kommenden Sonntag sollen in Portugal 8,5 Millionen Wahlberechtigte per Volksabstimmung entscheiden, ob künftig ein Schwangerschaftsabbruch innerhalb der ersten zehn Wochen legal ist oder verboten bleibt. Portugal ist zusammen mit Polen, Malta, Zypern und Irland eines der letzten Länder in Europa, in denen Frauen noch immer nicht frei über ihre Schwangerschaft entscheiden können.

Das Ja wird von den regierenden Sozialisten sowie anderen Linksparteien unterstützt. Das Nein findet seine Anhänger auf der politischen Rechten und bei der katholischen Kirche. Zwar geben die Umfragen den Befürworten der befristeten Freigabe der Abtreibung 38 Prozent der Stimmen und dem Nein nur 28 Prozent. Doch sind sich die Kommentatoren der portugiesischen Presse einig: Die große Zahl der Unentschlossenen macht eine Vorhersage des Abstimmungsergebnisses so gut wie unmöglich. Beim letzten Referendum zum gleichen Thema 1998 gewann das Nein knapp. Damals erreichte die Wahlbeteiligung nicht die erforderlichen 50 Prozent, die notwendig ist, damit eine Volksabstimmung bindend ist.

Sollte dieses Mal das Ja gewinnen und die Beteiligung nicht ausreichen, will die Regierung mit ihren parlamentarischen Partnern die Initiative ergreifen und die Reform des Abtreibungsparagrafen vornehmen. „Wir wollen das Gesetz ändern, damit die Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen, in den Händen von Krankenhäusern und Sozialstationen sind, anstatt in denen der Polizei und Justiz“, sagt Regierungschef Jose Socrates.

Bisher ist ein Abbruch der Schwangerschaft innerhalb der ersten 12 Wochen nur im Falle einer Vergewaltigung oder bei Gefahr für die Gesundheit der Mutter erlaubt. Im Falle einer schweren Missbildung des Fötus gibt es eine 16-wöchige Frist. Eine soziale Indikation gibt es nicht.

In Portugal werden jährlich 40.000 illegale Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen. Jede vierte dieser Frauen muss anschließend wegen gesundheitlicher Komplikationen behandelt werden. Hundert Frauen sind in den letzten 20 Jahren an den Folgen einer illegalen Abtreibung verstorben. Damit ist das Risiko einer Portugiesin, an dem Eingriff zu sterben, 150-mal so groß wie das einer Holländerin. Es sind vor allem bedürftige Frauen, die in die Hände der Kurpfuscher geraten. Wer Geld hat, reist ins benachbarte Spanien. Dort ist der Schwangerschaftsabbruch legal. Immer wieder werden in Portugal betroffene Frauen, Ärzte und Beschäftigte des Gesundheitswesens wegen illegaler Abtreibungen zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt.

Die Gegner der Freigabe des Schwangerschaftsabbruchs mobilisierten zum Beginn der Kampagne für das Referendum in Lissabon 15.000 Menschen zu einer Kundgebung. „Das Gesetz muss den Schutzlosen verteidigen, der im Mutterleib keine Stimme hat“, erklärte der ehemalige Minister und Sprecher der Bewegung „Weg zum Leben“, Jose Bagao Felix. Um mehr Wähler anzuziehen, gibt sich ein Teil der Gegner einer Reform gemäßigt. Sie schlagen vor, die Abtreibung weiterhin zu verbieten, einen Verstoß gegen das Gesetz aber künftig nicht mehr zu sanktionieren. „Was macht das für einen Sinn, wenn wir die die Abtreibung bekämpfen wollen, zu sagen, dass es sich um ein Verbrechen handelt, dies aber nicht bestraft wird?“, hält der Verfassungsrechtler und Befürworter des Ja, Vital Moreira dagegen. Für ihn ist dies eine „unmoralische Position“, die die Frauen erst recht in die Hände der Kurpfuscher treibt.

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