Terrorverdächtige festgenommen

Italienische Polizei hebt linksterroristische Gruppe aus. Die Nachfolgeorganisation der Roten Brigaden soll ein Attentat auf eine Mailänder Tageszeitung geplant haben

ROM taz ■ 15 Verhaftete, mehr als 80 Hausdurchsuchungen: Mit einer Großaktion hat die italienische Polizei eine Gruppe von Terrorismusverdächtigen ausgehoben, die den Fahndern als Nachfolgeorganisation der Roten Brigaden gilt. Am Montag im Morgengrauen schlugen 500 Polizisten in Turin, Mailand, Padua und Triest zu, gerade noch rechtzeitig, um ein Attentat der Linksterroristen zu verhindern, wenn man Innenminister Giuliano Amato glauben darf.

Die Mailänder Staatsanwältin Ilda Boccassini und ihr Kollege Armando Spataro gaben sich vor der Presse sicher, dass die Verhafteten den Aufbau einer „politisch-militärischen kommunistischen Partei“ anstrebten, die sich de facto als die „Neuen Roten Brigaden“ präsentiert hätte.

Allerdings haben die jetzt festgenommenen 15 Personen nichts mit jenen Brigate Rosse (BR) zu tun, die 1999 und 2002 in Rom die beiden Arbeitsrechtler und Regierungsberater Massimo D’Antona und Marco Biagi erschossen hatten und 2003 zerschlagen worden waren.

Schon Ende der Siebzigerjahre hatten sich die damals noch mächtigen BR in zwei Flügel gespalten. Jene Spaltung scheint sich bis heute fortzusetzen: Die am Montag verhaftete Gruppe soll eine Nachfolgeorganisation des damaligen BR-Minderheitsflügels sein, der der Mehrheit „Militarismus“ vorwarf, aber ebenso brutal mordete. Chef der Gruppe ist mit Alfredo Davanzo ein ehemaliger Terrorist jener Minderheits-BR, der 1982 wegen eines Raubüberfalls zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war.

Mit seiner neuen Organisation, der auch zahlreiche junge Mitglieder angehören, soll Davanzo für den Ostersonntag einen Bombenanschlag auf die in Mailand ansässige Redaktion der rechten Tageszeitung Libero geplant haben. Außerdem hatte die Gruppe offenkundig die Firmensitze von Silvio Berlusconis TV-Gesellschaft Mediaset und des Murdoch-Senders Sky TV in Mailand ausgekundschaftet. Aber auch eine Privatwohnung Berlusconis im Zentrum von Mailand stand unter Beobachtung der Terroristen. Und schließlich hatten sie auch mit der Ausforschung des prominenten Professors für Arbeitsrecht, Pietro Ichino, begonnen.

Wie den 2003 verhafteten Rivalen von den „anderen“ Roten Brigaden galten auch der am Montag ausgehobenen Gruppe Fragen des „Klassenkampfes“ als zentral: Fast alle waren als Arbeiter oder Angestellte tätig, und 7 der 15 waren zugleich aktive Mitglieder in der CGIL, dem größten Gewerkschaftsbund Italiens.

MICHAEL BRAUN