Grünen-Führungsstreit
: Selbst schuld, Fraktion!

Den Grünen könnte es derzeit fabelhaft gehen. Die Trägheit von Rot-Rot bietet ihnen en masse Gelegenheit zur Profilierung. Aus der Opposition heraus können sie all die Patzer auflisten, die insbesondere die SPD sich leistet. In Umfragen liegen die Grünen stabil bei rund 14 Prozent. Doch die Exalternativen haben ein Problem. Ihre Fraktionschefin erscheint ihnen wahlweise als zu autoritär oder nicht genügend durchsetzungsfähig. Doch nicht Franziska Eichstädt-Bohlig hindert die Grünen, zur Ruhe zu kommen und ihre Oppositionsrolle zu finden. Es ist die Fraktion selbst.

KOMMENTAR VON MATTHIAS LOHRE

Mindestens zwei Flügel beherrschen die 23-köpfige Fraktion: Linke und Realos. Dabei passen diese Etiketten nur bedingt auf die pragmatischen Parlamentarier. Beide nach außen zu vertreten, wäre für jede Chefin eine heikle Aufgabe. Für eine langjährige Bundestagsabgeordnete ohne große Leitungserfahrung ist es doppelt schwer.

Aber Vorzüge und Schwächen Eichstädt-Bohligs waren den Grünen sattsam bekannt, als sie diese im vergangenen Jahr zur Spitzenkandidatin kürten. Mehr noch: Die Partei war froh, dass sich eine Frau ihres Kalibers bereit erklärte, den strapaziösen Wahlkampf auf sich zu nehmen. Viele Alternativen gab es nicht. Eichstädt-Bohlig nun dafür zu schelten, ist daher ungerecht.

Der Streit um die 65-Jährige offenbart vor allem eines. Die Fraktion hat keinen Führungsnachwuchs herangezüchtet. Die einen wollen, dürfen aber noch nicht. Die anderen können nicht. Die drängendste Frage ist daher nicht: Wohin wollen die Grünen unter Eichstädt-Bohlig? Sondern: Wohin wollen sie danach?