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Endgültiges Aus für BenQ-Handywerke

Auch der letzte potenzielle Investor springt ab. Damit sind 3.000 Jobs verloren. Die Betroffenen üben auch Kritik am Insolvenzverwalter

AUS KAMP-LINTFORTALEXANDER FLORIÉ

Der Tod kam langsam, aber er ließ sich nicht aufhalten. BenQ Mobile, der im Jahr 2005 von Siemens und den taiwanesischen BenQ-Konzern verkaufte Handyhersteller, wird zerschlagen. Fast alle der ehemals 3.000 Mitarbeiter in Kamp-Lintfort und Bocholt sowie in der Zentrale in München verlieren ihren Job.

Der letzte potenzielle Investor sei abgesprungen, hatte der Ministerialdirigent des nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium, Klaus-Dieter Schulz, am Freitag auf der sogenannten Zukunftskonferenz in Kamp-Lintfort berichtet. Die Bestätigung kam gestern von Insolvenzverwalter Martin Prager: „Damit sehe ich keine realistische Chance mehr, das gesamte Unternehmensvermögen im Paket zu verkaufen und einen Neustart des Unternehmens zu ermöglichen.“

Der nicht namentlich genannte Interessent habe mit der Begründung abgesagt, eine profitable Fortführung des Geschäftsbetriebs sei nicht realistisch. Ohnehin hatte er nur den Erhalt von etwa 150 Arbeitsplätzen erwogen. Weitere 30 Interessenten, mit denen er intensiver verhandelt habe, seien gar nicht in der Lage gewesen, konkrete Finanzierungspläne und -nachweise zu erbringen, erklärte Prager. Man müsse zur Kenntnis nehmen, „dass der Markt gegen BenQ Mobile entschieden hat“.

Prager will nun den Prozess zur Verwertung der einzelnen Vermögensteile einleiten. Mit dem Erlös könne man die ausstehenden Forderungen der Mitarbeiter und Lieferanten teilweise befriedigen. Unter anderem werde das Hamburger Auktionshaus Dechow öffentliche Versteigerungen organisieren.

Die Produktion in Kamp-Lintfort war schon vor einigen Wochen stillgelegt worden. „Das kommt jetzt nicht wirklich überraschend, nachdem wir einige Hängepartien hinter uns haben, was mögliche Investoren angeht“, kommentierte der Kamp-Lintforter Bürgermeister Christoph Landscheid die Nachricht vom endgültigen Aus. Der IG-Metall-Bezirksvorsitzende Ulrich Marschner kritisierte die Mutlosigkeit der deutschen Unternehmerschaft: „Wir verplempern eine Zukunftstechnologie, und in fünf Jahren werden die alle sagen: Hätten wir mal gehandelt.“

Kritik wurde auch an Prager laut. „Ich halte ihn nicht für einen innovativen Insolvenzverwalter“, meinte BenQ-Gesamtbetriebsrat Michael Leucker. Ähnlich sieht das auch Landscheidt: „Zu Anfang gab es Interessenten, die man intensiver an die Hand hätte nehmen können.“ Der Bürgermeister plädiert dafür, jetzt wenigstens Interessenten an den Flächen Fördermittel zu bieten, um die vorhandene Infrastruktur nicht zu verschleudern. „Es gibt Wünsche und Forderung aus der Region von Unternehmen, die das Gelände hier sinnvoll nutzen können“, glaubt der Bürgermeister. „Da brauchen wir auch die Autorität des Landes, damit die Flächen nicht irgendwelchen Immobilienfonds zugeführt werden, die keine Arbeitsplätze sichern. Ich befürchte aber, dass Prager sich dafür keine Zeit nehmen wird.“ (mit AP)

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