: Die Schnappschuss-Jets
Von Bosnien bis Rügen: Die „Recce-Tornados“ der Bundesluftwaffe kommen zum Einsatz, wenn genaue Luftbilder gebraucht werden. Im Kampf gegen die Vogelgrippe waren diese nicht gelungen
BERLIN rtr/afp/taz ■ Einen ihrer letzten Einsätze hatten die „Recce-Tornados“ im Kampf gegen die Vogelgrippe. Im Februar 2006 sollten sie mit ihrem Kameras Ansammlungen verendeter Vögel auf Rügen aufspüren. Das allerdings blieb ohne großen Erfolg, das Wetter war zu schlecht. Nun sollen die Aufklärungsjets der Nato ein klareres Bild der Lage in ganz Afghanistan verschaffen. Die Flugzeuge haben eine deutlich größere Reichweite als die dort bisher eingesetzten Drohnen, können selbst bei schlechtem Wetter sehr tief fliegen und auch nachts fotografieren. Direkt übertragen werden können allerdings nur die Aufnahmen des Infrarotsensors.
„Tornados“ können theoretisch der Geländeformation bis zu 60 Meter über Grund automatisch folgen – auch bei schlechtem Wetter und in der Nacht. Manuell kann der Pilot seine Maschine sogar bis auf 30 Meter Höhe herunterbringen. Der Tiefflug werde allerdings der Ausnahmefall bleiben, um die „Tornados“ aus dem Schussfeld der Taliban zu halten, heißt es im Verteidigungsministerium. Insgesamt sind 30 Bundeswehr-„Tornados“ mit dem Aufklärungssystem „Recce Pod“ ausgerüstet – einem torpedoförmigen Behälter mit einem Infrarotsensor und zwei Nassfilmkameras an der Unterseite der Maschinen. „Recce“ ist die Abkürzung für „Reconnaissance“ (englisch: „Aufklärung“).
Die Wärmebilder der Infrarotkamera können ohne Zeitverzögerung an eine Bodenstation übertragen werden, sagen aber nichts darüber aus, ob es sich bei möglicherweise registrierten Personengruppen um Zivilisten oder etwa um Taliban handelt. Von den beiden Nassfilmkameras ist eine speziell für den Tiefflug ausgelegt und liefert Horizontbilder. Die zweite Kamera schießt hochauflösende Fotos vom überflogenen Gebiet. Weil die Bilder der Kameras erst nach dem Flug am Boden entwickelt werden, vergehen nach Angaben des Verteidigungsministeriums einige Stunden, bis die Informationen tatsächlich zur Verfügung stehen.
Ihren ersten großen Auftritt hatten die „Recce-Tornados“ im Kampf gegen Überschwemmungen: Im Januar 1995 lieferten die Jets mit ihren Spezialkameras Luftbilder von den Hochwassergebieten an Rhein und Elbe. Ihr Gerät kann bei Überschwemmungen in Dämme hineinschauen und feststellen, wie tief sie durchweicht sind.
Den ersten internationalen Einsatz hatten die „Tornados“ im August 1995. Im Auftrag der UN überwachten sie den Luftraum über Bosnien. Aus Höhen von über 3.000 Metern entdeckten die deutschen Aufklärer unter anderem die Besatzung eines abgeschossenen französischen „Mirage“-Kampfflugzeugs. Die Jets blieben anschließend fast sechs Jahre nahe dem italienischen Piacenza stationiert. Von dort flogen sie bis August 2001 Aufklärungseinsätze für die Bosnien-Friedenstruppen Unprofor, Ifor, SFOR, aber auch während der Nato-Luftangriffe auf Restjugoslawien 1999 und für die Kosovotruppe KFOR.
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