: Sanftes mikrotonales Gleiten
OPER Die Liebe und die Katastrophe der „Hindenburg“: Eine Zeppelinoper im Ballhaus Rixdorf
Es war am 6. Mai 1937, als etwas schieflief bei der Fahrt des Zeppelins LZ 129 „Hindenburg“. Bei der Landung des Luftschiffs entzündete sich die Wasserstofffüllung, der Zeppelin wurde zerstört. 36 Menschen starben. Die Katastrophe von Lakehurst. Sie wurde auch popkulturell festgehalten: auf dem Cover des Debütalbums von Led Zeppelin ist sie mit dem Bild der brennenden „Hindenburg“ zu sehen.
Damit haben die englischen Hardrocker schon mit dazu beigetragen, dass dieses Unglück nicht doch irgendwann vergessen wurde, und jetzt hat das Künstlerkollektiv Planetenexport mit Studierenden der Hochschule für Musik Hanns Eisler die „Hindenburg“-Geschichte aufgegriffen in „Love & Hydrogen“, annonciert als „Zeppelinoper“.
Premiere war am Donnerstag im Ballhaus Rixdorf (mit weiteren Aufführungen am Freitag). Mit einer Soundinstallation im Aufgang zum Saal wurde man gleich in die richtige Flugfeldstimmung gebracht mit einer ungemütlich dengelnden Maschinenraummusik, im Saal saß man dann inmitten der Aufführenden, die Musiker zur Seite und mit dem Dirigenten im Rücken. Was so auch für manches Knarren der Stühle sorgte, wenn man bei dieser Rundumangelegenheit eben mal guckend wissen wollte, was eigentlich da gerade hinter einem im rückwärtigen Bereich passierte.
Klangpuristen mussten dabei registrieren, dass der Sound des Mobiliars nicht wirklich zu der subtilen, mikrotonal angelegten Zeppelinoper-Musik des Komponisten Jeffrey Arlo Brown passen wollte: schwebend und sacht pulsierend, schlitternde Töne. Durchaus ein stimmiger Soundtrack zum sanften Gleiten so einer Luftschifffahrt, schließlich saß man hier in der „Hindenburg“. Und dass es einem dabei nicht zu wohlig wurde, dafür sorgten metallisch quietschende Einschübe, womit sich Browns Komposition dann endgültig von Brian Enos Ambient-Musik-Konzept verabschiedete.
Angstvolles Starren
Gesungen wurde sparsam, meist die Töne haltend, wie in Slow Motion. Man sah zwei Männer erst miteinander kämpfend und sich dann in den Armen liegend. Dazwischen stand eine Frau.
Liebe, Eifersucht. Irgendwann zum Schluss ein angstvolles Starren – wird wohl der Moment des Unglücks gewesen sein. Und das passierte alles ganz gemessen, langsam schreitend. Fast lethargisch. Ohne wirkliche dramatische Entwicklung. Auch nicht in der Musik. Was der historischen Situation schon angemessen sein mochte. Weil so eine Katastrophe wie die der „Hindenburg“ sich ja auch nicht erst hochschaukelte, sondern – puff! – einfach da war. Einerseits.
Andererseits hätte man sich aber bei so einem explosiven Thema schon gewünscht, auch mal richtig durchgerüttelt zu werden. Angeregt und freundschaftlich war der Applaus zum Schluss. THOMAS MAUCH